Nachdem wir im letzten Beitrag Methoden vorgestellt haben, die ein gemeinsames Verständnis über unsere Zielgruppe/Nutzer aufbaut, geht es nun darum Design-Thinking-Methoden kennenzulernen, die uns bei der Beobachtung und Analyse der Zielgruppe/Nutzer unterstützen.

 

Methoden-Baukasten

Alle Methoden rund um das Thema „Beobachten & Analysieren“ konzentrieren sich auf das Ziel, Empathie hin zum Nutzer/der Zielgruppe aufzubauen und zu versuchen, die Bedürfnisse zu verstehen.

Die wichtigste Voraussetzung dabei ist, sich so intensiv wie möglich in die Situation des Nutzers hineinzuversetzen. Dies gelingt dann am besten, wenn man die eigene Sicht auf die Realität verlässt bzw. möglichst wenig eigene Ansichten in die Beobachtung einfließen lässt.    

Um sich auf die Beobachtung und Analyse möglichst objektiv einlassen zu können, hilft beispielsweise die Brain-Dump-Methode.

 

Brain-Dump

Mit der Brain-Dump-Methode löst man sich von den eigenen Ansichten zur Zielgruppe, indem man diese einfach aufschreibt. Ziel ist es, dieses „Wissen“ somit zu parken und frei für neue Blickwinkel zu sein.

Beispielsweise schreiben die Teilnehmer innerhalb von 3 – 5 Minuten alles auf, was sie über XXX (z.B. Auftragnehmer) zu wissen glauben („Ich meine zu wissen, dass…“) und stellen diese Ansichten hiernach kurz allen Beteiligten vor.

 

Beobachtung

Für die Beobachtung der Erlebnis-Welt der Nutzer/Zielgruppen gibt es eine Reihe von Optionen.

Stellen Sie sich vor, dass bei Ihnen „die Bedarfsträger“ wissen möchten, wie Sie als öffentlicher Einkäufer so sind und was Sie so beschäftigt. Dann würde das Design-Thinking folgende Methoden bieten:

  • Vorort-Beobachtungen („Ein-Tag-als-öffentlicher-Einkäufer“),
  • selbst ausprobieren (beispielsweise Vergabeverfahren durchführen),
  • Desk-Research (Internetsuche zu Vergabestatistikverordnung etc.) undNutzer-Interviews (mit Ihnen).

 

Nutzer-Interviews

In einem Nutzer-Interview werden die Zielperson bzw. die Zielpersonen über ihr Verhalten interviewt. Dies kann sowohl digital, als auch persönlich vor Ort erfolgen.

Vorbereitend wird ein Interviewleitfaden erstellt. Dabei lohnt es sich, möglichst verschiedene Fragen und Frageformen zu verwenden. Fragen können zum Beispiel entsprechend folgender Systematik sortiert werden:

Frageform

Beispiel

Meta-Level

Was verbinden Sie mit Vergaberecht?

Allgemeine Fragen

Was bedeutet ein gutes Vergabeverfahren für Sie?

Erlebnis-/Emotionsfragen

Welche Vergabeverfahren haben Ihnen Spaß gemacht?

Spezifische/konkrete Fragen

Wann haben Sie das letzte Mal kein Angebot im Vergabeverfahren erhalten?

Wunschfragen

Was würden Sie bei der Erstellung der Vergabeunterlagen wünschen?

 

Die besten Interviewfragen richten sich zudem nach den drei Kriterien:

  • Offene Fragen
  • einfach (eine Frage/ein Thema)
  • kurz (ca. 10 Worte)

In der Praxis zeigt sich immer wieder, wie schnell man Interviewfragen erstellen kann, wenn man das Wissen und die Kreativität der Gruppe einbezieht.

Hier ein Beispiel an Interviewfragen, die für ein Interview mit Vertriebsmitarbeiter in Unternehmen erstellt wurden, die an öffentlichen Aufträgen interessiert sind:

Interviewleitfragen im Design Thinking Prozess

 

5-Why-Technik

Als Leitplanke für das Interview gilt es, dass vor allem bei Widersprüchen und Gemeinsamkeiten nachgehakt wird.

Daneben empfiehlt sich die Anwendung der 5-Why-Technik während des Interviews.

Ziel der 5-Why-Technik ist es, mit der Wiederholung der Frage nach dem „Warum“, möglichst zu den Wurzeln und Symptomen eines Verhaltens zu kommen. Sobald der Interviewer ein Thema ausfindig gemacht hat, vertieft er dieses durch ständiges Nachfragen („Warum?“).

Das fühlt sich für Interviewer und Interviewten zu Beginn relativ ungewöhnlich an, hat aber am Ende einen sehr großen Effekt. Ggf. kennen Sie diese Form auch durch Gespräche mit Kindern, welche der Sache auf den Grund gehen möchten und immer wieder nach dem „Warum?“ fragen.

 

Auswertungsbogen und Durchführung

Neben dem Interviewleitfaden wird zudem ein Auswertungsbogen benötigt. Dieser kann wie folgt strukturiert werden:

  • Was fiel auf?
  • Bei welchen Themen waren die Antworten besonders emotional?
  • Interviewpartner war ehrlich bei…?
  • Schlüsselsatz?

Während des Interviews ist es am leichtesten, wenn das Interview und das Ausfüllen des Auswertungsbogens von zwei Personen durchgeführt werden. Wenn sich jeder auf eine Rolle fokussieren kann, erhöht dies die Qualität des Interviews und der Ergebnisse.   

 

Erkenntniskreuz

Nach der Durchführung mehrere Interviews liegen in der Regel eine große Anzahl an Informationen vor.

Um den Überblick zu behalten, lohnt es sich, die gesammelten Informationen aus den Interviews wieder zu verdichten. Dabei bietet sich die Anwendung der Methode „Erkenntniskreuz“ an.

Beim Erkenntniskreuz existieren die zwei Ebenen „Emotion“ und „Überraschung“ in einer Skala von 0 (niedrig) bis 10 (stark). Die Interviewinhalte werden aufgrund folgender Fragen analysiert und die Kernaussagen den beiden Ebenen zugeordnet:

  • Bei welchen Aussagen war die Intensität der Emotion besonders hoch/niedrig?
  • Bei welchen Aussagen war der/die Interviewte besonders überrascht (bzw. gleichgültig)?

 

Bei der Auswertung eines Interviews mit einem Vertriebsmitarbeiter eines Unternehmens, welches an öffentlichen Aufträgen interessiert ist, könnte dies wie folgt aussehen:   

Erkenntniskreuz Design Thinking

 

 

Die Inhalte mit der höchsten Bewertung (im Fenster oben rechts), werden als die wichtigsten Themen für die Zielgruppe definiert.

 

Weiteres Vorgehen

Nachdem Sie nun Design-Thinking-Methoden rund um das Thema Beobachten und Analysieren einsetzen können, werden wir im nächsten Beitrag Innovationsmethoden vorstellen, um zielgerichtete Anforderungen für Lösungen zu definieren.

 

 

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Sie möchten diese und andere Methoden praktisch üben und anwenden? Dann melden Sie sich doch zu unserem kommenden Design-Thinking-Workshop an. Wir freuen uns auf Sie!