Design Thinking für öffentliche Beschafferinnen und Beschaffer

Nachdem wir uns in den letzten Beiträgen mit den Problemen unserer Nutzerinnen und Nutzer beschäftigt und unser gesammeltes Wissen hin zu einer konkreten Problemstellung verdichtet haben, geht es jetzt im Design-Thinking-Prozessabschnitt „Ideen entwickeln“ darum, Lösungen für die Probleme der Nutzenden zu finden.

Ziel in dieser Phase ist es, nicht nur eine Lösung, sondern möglichst viele Ideen und Ansätze zu finden, miteinander zu kombinieren und weiterzudenken. Erst hiernach werden alle Ergebnisse bewertet und entschieden, welche Ideen man weiter ausarbeiten möchte.

Um dieses Ziel zu erreichen, stehen im Design-Thinking viele Kreativitätstechniken zur Verfügung und es liegt an den Moderatorinnen und Moderatoren, ein Konzept für die Zusammenstellung der Methoden auszuarbeiten. In diesem Beitrag orientieren wir uns an den erprobten Methoden aus unseren KOINNO-Workshops:

 

Fluchtweg

Zum Start bietet sich die Methode „Fluchtweg“ an. Die Aufgabe besteht darin, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer – jeweils für sich – in 10 Minuten überlegen, welche Ideen dem Nutzenden sein Problem noch schwerer machen.

Die Ergebnisse werden hiernach gegenseitig vorgestellt und sind zugleich die gedankliche Grundlage für die nächste Methode.

Auch wenn es auf den ersten Blick paradox klingen mag, hat sich in der Praxis gezeigt, dass es einfacher ist, Dinge zu benennen, die man nicht gut findet oder das Leben schwerer machen. Entsprechend ist der „Fluchtweg“ ein guter Einstieg für die weiteren Kreativitätstechniken.

 

Ideenmotor

Der Ideenmotor ist eine klassische Brainstorming-Methode. Ziel ist es, dass alle Teilnehmenden ihre Lösungsideen für das Problem der Nutzerin/des Nutzers innerhalb von 10 Minuten aufschreiben. Die Besonderheit ist, dass die Teilnehmenden während der Übung im Raum umhergehen und bei jeder Runde eine Lösungsidee aufschreiben.

Das Umhergehen ermöglicht es, dass sich die Teilnehmenden von allen Gegenständen und Gegebenheiten inspirieren lassen, um somit auch auf andere Ideen kommen zu können. Zugleich fördert die körperliche Aktivität das Denken als solches und somit den Output an Ideen.

Ideenmotor: Design Thinking für öffentliche Beschafferinnen und Beschaffer

Oben sehen Sie beispielhaft Ideen aus unserem KOINNO-Workshop, in welchem wir für die Persona „Monika Akquise“ Lösungen für die aktuelle Auftragsakquise gesucht haben. 

 

Into-Space    

Nach dem Ideenmotor bietet es sich an, nicht direkt in die Vorstellung der Ideen zu gehen, sondern alle Teilnehmenden noch einmal aufzufordern, in 2 – 3 Minuten die „verrückteste“ Idee aufzuschreiben.

Auch wenn die „verrückteste“ Idee selten zu einer finalen Lösung führt, so beinhaltet diese häufig viele Teilaspekte, die bei der Weiterentwicklung mit einbezogen werden können.

 

Ideentürme

Sobald die ersten Ideen durch den Ideenmotor und „Into-Space“ vorliegen und den Teilnehmenden vorgestellt wurden, gilt es, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Gruppen von 2 – 3 Personen bunt gemischt aufzuteilen.

Die Gruppen entscheiden jeweils gemeinsam, an welcher der vorgestellten Ideen sie weiterarbeiten möchten und übertragen diese Idee in den Ideenturm. Gemeinsam wird 10 Minuten in der Gruppe überlegt, was alles zu dieser Idee noch dazu gehört bzw. die Idee Schritt für Schritt weiterentwickelt und so der Ideenturm aufgebaut.

Sobald die Gruppe fertig ist, gibt sie ihrer Idee zusätzlich noch einen Projektnamen. Diesen Ablauf kann man entsprechend der Menge an Teilnehmenden und Ideen mehrfach wiederholen.

Hier ein weiteres Beispiel aus unserem letzten KOINNO-Workshop:

Ideenturm: Design Thinking für öffentliche Beschafferinnen und Beschaffer

 

Erzwungene Verbindung

Diese Methode bietet sich an, um die gemeinsamen Überlegungen zu den Ideentürmen weiter auszuarbeiten. Das Prinzip geht wie folgt: Ein Teilnehmenden oder Moderierenden bestimmen einen x-beliebigen Gegenstand und es werden drei Eigenschaften aufgeschrieben, welche zu diesem Gegenstand passen. Die Gruppen haben nun die Aufgabe, diese drei Eigenschaften in die Überlegung der Ideentürme zu integrieren.

Beispielsweise wurde im Ideenturm oben von den Teilnehmenden eine Tasse mit den Eigenschaften bunt, fest und inhaltsvoll gewählt und weiter eingearbeitet („Bunt: farbliche Gestaltung der App; Farbkategorien erstellen“).

Auch diese Methode hat den Sinn, den Blickwinkel auf die Idee noch einmal zu erweitern und die Idee auf eine ganz neue Art zu betrachten. Dabei sind der gewählte Gegenstand und die Eigenschaften an sich vollkommen nebensächlich.  

 

Sanchez-Methode

Sobald die ersten Ideentürme und ihre Projektnamen vorliegen, gilt es für die Gruppen zu überlegen, welche Prozessschritte der Nutzende bei der Anwendung der Lösung durchläuft. Hierzu dient die Sanchez-Methode. Der Projektname wird übertragen und es werden gemeinsam die fünf zentralen Prozessschritte aufgeschrieben, welche der Nutzende durchlaufen muss.

Sanchez Methode: Design Thinking für öffentliche Beschafferinnen und Beschaffer

 

Italienische Matrix

Je nachdem, wie viele Ideen ausgearbeitet wurden, muss im weiteren Verlauf entschieden werden, für welche Ideen ein Prototyp gebaut werden soll bzw. welche Ideen man weiterverfolgen möchten. Hier bietet die Italienische Matrix mit seinen Kategorien einfache Handlungsempfehlungen für das weitere Vorgehen.

Die Projekte werden nach den Kategorien Schwierigkeit der Realisierung und Relevanz für den Nutzer gemeinsam mit allen Teilnehmenden bewertet und zugeordnet.

Italienische Matrix: Design Thinking für öffentliche Beschafferinnen und Beschaffer

 

Hieraus ergeben sich folgende Handlungsempfehlungen:

Ciao: Man nimmt an, dass die Relevanz für den Nutzer gering und der Schwierigkeitsgrad in der Realisierung schwer sein wird. Alle diese Projekte sollte man an dieser Stelle nicht weiterverfolgen und einstellen.

Now: Die Relevanz für den Nutzenden wird nicht so hoch und der Schwierigkeitsgrad der Realisierung einfach eingeschätzt. Diese Projekte kann man als „low hanging fruits“ direkt umsetzen, sofern irgendeine Relevanz für den Nutzenden vorliegt.

How: Die Relevanz für den Nutzenden wird sehr hoch und der Schwierigkeitsgrad der Realisierung sehr schwer eingeschätzt. Hier lohnt es sich weiter zu überlegen, ob es andere Umsetzungsmöglichkeiten gibt als die Varianten, die man bisher durchdacht hat.

Wow: Es wird erwartet, dass die Relevanz für den Nutzer hoch und die Schwierigkeit der Realisierung einfach ist. Bei diesen Projekten hat man den „Jackpot“ gefunden und sollte direkt weiter in die Umsetzung gehen.

 

Weiteres Vorgehen

Heute haben wir die besten Ideen für die Lösung unseres Problems ausgesucht und weiterentwickelt. In unserem abschließenden letzten Teil werden wir die dazugehörigen Prototypen bauen und die Prototypen am Nutzenden testen.

Viel Spaß bis dahin bei der Anwendung und bis zum nächsten Beitrag.

 

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Sie möchten diese und andere Methoden praktisch üben und anwenden? Dann melden Sie sich doch zu unserem kommenden Design-Thinking-Workshop an. Wir freuen uns auf Sie!