Carsten Oehme ist Einkaufsleiter für das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft. Der gelernte Jurist erklärt im Interview, worauf es im Einkauf einer öffentlichen Einrichtung ankommt.
Wie sind Sie zum Einkauf gekommen, Herr Oehme? Haben Sie schon vorher eine kaufmännische Ausbildung gemacht?
Nein, habe ich nicht. Ich bin Jurist und bin im Einkauf letztlich dadurch gelandet, dass ich mich rechtlich auf den Bereich Vergaberecht spezialisiert habe. Das MDC ist eine öffentliche Einrichtung und von daher braucht man hier immer das Know-how der besonderen Regelungen, die wir im Einkauf der öffentlichen Hand zu beachten haben. Somit kam ich als Quereinsteiger über die rechtliche Schiene.
Was fasziniert Sie ganz besonders an Ihrer Arbeit?
Das ist die Schnittmenge zwischen den rechtlichen, den wirtschaftlichen und den technischen Anforderungen. Man muss sich jedes Mal mit dem Bedarfsträger auseinandersetzen. Konkret schauen wir, was dieser benötigt und wie wir ihm optimal helfen können, das zu bekommen, was er braucht. Das finde ich tatsächlich besonders faszinierend an meiner Arbeit.
Worauf achten Sie, wenn Sie einen Einkäufer in Ihr Team holen?
Die Persönlichkeit. Neue Kollegen müssen einfach ins Team passen. Außerdem muss fachliches Grundwissen vorhanden sein. Es ist allerdings auch möglich, als Quereinsteiger zum Einkauf zu kommen. Wir brauchen Leute, die nach außen mit den Lieferanten und nach innen mit den Kunden Kontakt haben. Die nötige Empathie ist hier sehr wichtig.
Was genau beschaffen Sie und worauf muss bei der Beschaffung für das Max-Delbrück-Centrum besonders geachtet werden?
Wir beschaffen eigentlich alles. Vom Bleistift bis hin zu Bau- und Planungsleistungen. Eine Besonderheit sind die Laborverbrauchsmaterialien und die technischen Geräte für die Labore oder die wissenschaftlichen Untersuchungen. Vor allem aber muss auf die Einhaltung der besonderen Bestimmungen für öffentlichen Einrichtungen geachtet werden. Das fängt bei der Zweckbestimmung der Mittel an, dass man nur bestimmte Dinge kaufen darf, die auch dem Zweck der Mittel entsprechen, die wir bekommen.
Zu beachten ist außerdem die Einhaltung der vergaberechtlichen Anforderungen, zum Beispiel für Gleichbehandlung im Unternehmen zu sorgen sowie die Einhaltung der Transparenzvorschriften.
Welche To Do’s begleiten Sie an einem normalen Arbeitstag?
Das sind zum einen im Operativen die Prüfungen von Einzelvorgängen bei der Dokumentation. Ich bekomme eine Anzahl an Vorgängen auf den Tisch, um zu prüfen, ob die bestehenden Anforderungen und die einzelnen Entscheidungen auch ordentlich und nachvollziehbar dokumentiert wurden. Viel Zeit verwende ich auf die Weiterentwicklung der Prozesse, die Beratung im Haus und die Unterstützung bei Verhandlungen.
Wo sehen Sie den Einkauf in der Zukunft, und was raten Sie jungen, angehenden Einkäufern?
Ich glaube, dass sich auch in der öffentlichen Einrichtung der Einkauf in der Zukunft vor allem in die Richtung der internen Beratung entwickeln wird. Das tägliche Geschäft wird künftig automatisiert werden. Ich rate den jungen Einkäufern daher, sich mit den ganzen Automatisierungsprozessen auseinander zu setzen.
Daneben sollten sie sich mit Themen wie Lieferantenmanagement oder strategischer Weiterentwicklung von einzelnen Materialgruppen auseinandersetzen. Und die Einkäufer sollten schauen, wo sie sich selbst am besten positionieren, so dass sie einen Mehrwert bieten können. Wenn man sich sicher ist, dass man im Einkauf für die öffentliche Hand arbeiten möchte, sind die Berufsaussichten auch in den nächsten zehn Jahren noch gut.
Mit welchen Strategien oder Methoden arbeiten Sie, und warum?
Wir arbeiten mit einer Warengruppenstrategie. Unser Ziel ist, dass unsere Mitarbeiter zu bestimmten Materialgruppen zielgerecht im Haus beraten können. Das funktioniert sehr gut. Außerdem ist das Thema Nachhaltigkeit für jede Abteilung wichtig.
Könnten Sie uns kurz erzählen, was es heißt für das Max-Delbrück-Centrum zu beschaffen? Worin bestehen hier vielleicht neue Herausforderungen? Wo liegen deutlich erkennbare Unterschiede zu anderen Beschaffungen?
Als Mitarbeiter einer öffentlichen Forschungseinrichtung sind wir mit zahlreichen öffentlichen Regelungen konfrontiert.
Dazu kommen die besonderen Aufforderungen des Forschungszentrums, nämlich, dass die Wissenschaftler, für die wir beschaffen, permanent innovative Ideen haben und immer wieder neue Dinge beschaffen müssen. Das unterscheidet uns von vielen anderen öffentlichen Einrichtungen, die einen starr planbaren Bedarf haben.
Bei den Forschern haben wir manchmal von einem Tag auf den anderen ganz andere Bedarfe. Einiges ist planbar, ganz viel muss aber auch spontan angepasst werden und das ist schon eine Herausforderung.
Was empfehlen Sie angehenden Einkaufsleitern zum Thema Weiterbildung im Einkauf?
Ich glaube sich auf die Mitarbeiterführung vorzubereiten ist das Wesentlichste. Wenn man angehender Einkaufsleiter ist, wird man in der Regel immer Ahnung haben, was den Einkauf ausmacht, egal ob in öffentlichen oder privaten Institutionen. Wichtig ist, sich von vornherein auf die Mitarbeiterführung zu konzentrieren und sich dafür eine Strategie zurechtzulegen, wie man eine Abteilung und die eigenen Mitarbeiter entwickeln will. So kann man die Motivation fördern. Das ist das A und O, wenn man die Leitung einer Abteilung übernimmt.
Carsten Oehme
Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft
Leiter Einkauf und Logistik