Die Teilnehmer der diesjährigen Regionalkonferenz West trafen sich am 6. Juni 2018 in Essen, um gemeinsam zu erörtern, was innovative öffentliche Beschaffung bedeutet und wie diese in den Unternehmen der Teilnehmer bereits verankert ist. Im Fokus standen dabei Maßnahmen, die zu einer stärkeren Berücksichtigung von Innovationen in Institutionen führen.
Bei der Diskussionsrunde trat zutage, dass eine aus der Unternehmensstrategie abgeleitete Beschaffungsstrategie im Großteil der Betriebe nicht existiert. Diese ist jedoch Voraussetzung dafür, dass der Einkauf innerhalb von Unternehmen ernst genommen wird. Mitarbeiter in den Beschaffungsabteilungen kämpfen aber nicht nur mit der mangelnden Etablierung ihrer Abteilung, sondern auch mit Personalengpässen, die nicht nur dafür sorgen, dass strategische Themen in den Hintergrund treten müssen. Auch die intensive Betrachtung von Innovationen und neuen Vergabeverfahren leidet darunter.
Den Teufelskreis durchbrechen
Welche Ziele muss sich der Einkauf in der Zukunft setzen, um aus diesem Teufelskreis aus fehlenden Mitarbeiterressourcen und mangelndem „Standing“ ausbrechen zu können? Die Vorschläge sind vielfältig: So muss eine unternehmensweit kommunizierte Beschaffungsstrategie entwickelt werden. Eine Etablierung des Einkaufs kann z.B. durch die Pflicht zur frühzeitigen Einbindung der Beschaffungsabteilung durch die Fachbereiche erwirkt werden. Auch die Kommunikationsstruktur zwischen Fachabteilungen und Einkauf muss dabei überdacht werden. Beispielsweise beim Thema IT-Beschaffung könnten Mitarbeiter der Einkaufsabteilung on-site – also direkt vor Ort – in der Fachabteilung verankert werden.
Um einen kontinuierlichen Weiterentwicklungsprozess zu gewährleisten, sollten den Mitarbeitern der Einkaufsabteilung regelmäßige Schulungen ermöglicht werden. Gerade bei Produkten und Prozessen, die einem schnellen und stetigen Wandel unterliegen (z.B. in der IT-Beschaffung), ist eine Qualifizierung der Ansprechpartner unerlässlich.
Unterstützend kann durch den Einkauf digitaler Systeme die Beschaffung effizienter und zielgerichteter erfolgen. Auch ein umfangreiches Risikomanagement mittels Frühwarnsystemen wäre damit möglich.
Dass diese Prozesse von der Geschäftsführung mitgetragen bzw. sogar forciert werden müssen, steht außer Frage.
Der Status Quo in Deutschland
Im Anschluss an die Diskussion präsentiert Professor Dr. Michael Eßig von der Universität der Bundeswehr München in seinem Vortrag zum Status Quo der öffentlichen Beschaffung in Deutschland ernüchternde Fakten. Bei immer noch der Hälfte aller Vergaben in Deutschland bildet der niedrigste Preis das Zuschlagskriterium und nicht das wirtschaftlichste Angebot. Dies verhindert häufig die Berücksichtigung innovativer Produkte und Leistungen.
Auch das Vorantreiben strategischer Ziele ist in öffentlichen deutschen Beschaffungsstellen aufgrund des umfangreichen operativen Tagesgeschäfts zweitrangig.
Innovative Beschaffung am Beispiel des Ruhrverbands
Wie innovative öffentliche Beschaffung in der Praxis aussehen kann, zeigte Bernd Hosemann vom Ruhrverband. Thema seines Vortrags war die erfolgreiche Ausschreibung von polymeren Flockungsmitteln. Auch der Einkauf des Ruhrverbands stand lange Zeit vor den oben genannten Problemen: Die Beschaffungsabteilung war kaum in den Einkaufsprozess der Fachabteilungen eingebunden, zudem wurde meist der Angebotspreis als einziges Zuschlagskriterium zurate gezogen.
Nach einer erheblichen strategischen Neuausrichtung wurde eine frühzeitige Einbindung des Einkaufs in Beschaffungsprozesse erwirkt. Beim Ausschreibungsverfahren von polymeren Flockungsmitteln wurden die Anbieter schließlich ganzheitlich bewertet und ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) wurde eingeführt.
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