Am 15. Juni 2021 ist das Saubere-Fahrzeug-Beschaffungsgesetz (SaubFahrzeugBeschG) in Kraft getreten. Das Gesetz setzt die Clean Vehicle Directive (EU-Richtlinie) in deutsches Recht um und verpflichtet bestimmte Dienstleistungsbereiche zur Beschaffung einer festgelegten Quote sauberer und emissionsfreier Fahrzeuge. Das soll dazu beitragen, Treibhausgase im Verkehr zu minimieren und damit dem Klimawandel entgegenzuwirken. Zielgruppen sind öffentliche Auftraggeber, insbesondere Kommunen und Sektorenauftraggeber wie vor allem Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)1. Ist grüner Wasserstoff die Lösung für den Verkehrssektor?

Für die beiden Bezugszeiträume (2021 bis 2025, 2026 bis 2030) werden unterschiedliche Zielquoten für die Beschaffung von umweltfreundlichen Pkw, Bussen sowie leichten und schweren Nutzfahrzeugen festgelegt. Diese Vorgabe gilt für Fahrzeuge der Klasse M (Personenverkehr) und der Klasse N (Güterverkehr).

Clean Vehicle Directive Quoten in den Referenzzeiträumen

So müssen zur Einhaltung der verbindlichen Mindestziele für öffentliche Auftraggeber bis 2025 45% der neu zu beschaffenden Busse sauber und davon mindestens die Hälfte emissionsfrei sein. 55% können weiterhin als konventionelle Busse beschafft werden. Von 2026 bis 2030 steigt der Anteil an sauberen Bussen auf 65%, der Anteil der emissionsfreien Busse auf mindestens 32,5%. Der Anteil der neu beschafften konventionellen Busse darf dann maximal 35% betragen.

Um diese Vorgaben einzuhalten, bietet sich die Umstellung auf reine Batterieantriebe und Wasserstoff, vorzugsweise aus regenerativen Energiequellen, an. Insbesondere der Anteil emissionsfreier Fahrzeuge kann nach heutigem Kenntnisstand nur mit den genannten Technologien den Grenzwert von 1g/kWh CO2-Emissionen einhalten.²

Ob der Einsatz von Batterie- oder Brennstoffzellen-Bussen im ÖPNV sinnvoller ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

 

Batterie oder Brennstoffzelle?

Sowohl Batterie- als auch Brennstoffzellenfahrzeuge bieten gegenüber konventionellen, mit fossilen Brennstoffen betriebenen Fahrzeugen den Vorteil, dass bei ihrem Einsatz keine lokalen Emissionen entstehen und sie äußerst geräuscharm unterwegs sind. Welche die jeweils besser geeignete Technologie – Batterie oder Brennstoffzelle – für den Einsatz im ÖPNV ist, hängt von Faktoren wie der erforderlichen Reichweite, den Tank- und Ladezeiten, der Topologie des Einsatzgebietes sowie der Wirtschaftlichkeit ab. Wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge können vor allem für lange Fahrtstrecken interessant sein, zum Beispiel für lange Umläufe im ÖPNV. Hier haben batteriebetriebene Busse eventuell keine ausreichende Reichweite oder können nicht schnell genug wieder aufgeladen werden.

 

Was ist (grüner) Wasserstoff?

Grüner Wasserstoff wird derzeit vor allem durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen. Dabei wird das Wasser (H2O) mit Hilfe von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten. Erfolgt die Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energie- oder biogenen Quellen, spricht man umgangssprachlich von grünem Wasserstoff. Grüner Wasserstoff kann auch aus biogenen Quellen durch Verfahrenstechniken wie Dampfreformierung von Biogas oder Dunkler Fermentation erzeugt werden. Im Rahmen des delegierten Rechtsaktes der EU
wird zukünftig für den Verkehrssektor der Begriff des erneuerbaren Wasserstoffs eingeführt.³
 

Erzeugungskette von erneuerbarem Wasserstoff
 

Derzeit wird noch oft grauer Wasserstoff eingesetzt, der per Dampfreformierung aus fossilen Energieträgern (in der Regel Erdgas) hergestellt wird. Auch Wasserstoff, der durch Elektrolyse mit Strom aus dem allgemeinen Stromnetz hergestellt wird, ist dem grauen Wasserstoff zuzurechnen. Blauer Wasserstoff ist grauer Wasserstoff, bei dessen Herstellung das entstehende Kohlendioxid (CO2) abgetrennt und unterirdisch gespeichert wird (Carbon Capture and Storage, CCS). Wasserstoff, der durch Elektrolyse mit Strom aus Kernenergie hergestellt wird, wird als pinker oder roter Wasserstoff bezeichnet.

Alle Arten von Wasserstoff haben gegenüber fossilen Brennstoffen den Vorteil, dass bei ihrer Verwendung im Verkehrssektor unmittelbar keine schädlichen Abgase entstehen (lokale Emissionsfreiheit). Ein nachhaltiger positiver Einfluss auf das Klima ergibt sich jedoch nur, wenn der Wasserstoff als erneuerbarer Wasserstoff aus regenerativen Quellen stammt und somit bereits bei der Erzeugung keine Emissionen entstehen (globale Emissionsfreiheit). Im Februar 2023 hat die Europäische Kommission in einer Verordnung die künftigen Kriterien für die Herstellung von erneuerbarem Wasserstoff im Verkehrssektor festgelegt.

Dieser wird durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren, nicht biogenen Quellen produziert. Die Verordnung legt detailliert fest, ab wann Strom, der zur Herstellung von erneuerbarem Wasserstoff verwendet wird, als vollständig erneuerbar gilt. Ziel der Verordnung ist es, den Ausbau erneuerbarer Stromerzeuger weiter voranzutreiben, damit der steigende Strombedarf durch die Elektrolyse nicht zu steigenden Importen fossiler Brennstoffe für die Stromerzeugung führt. Die Richtlinien sind entscheidend für die Förderung der Investitionskosten von Wasserstofffahrzeugen und -infrastruktur. Zudem kann dieser erneuerbare Wasserstoff im Rahmen des Treibhausgas-(THG)-Quotenhandels zusätzliche Einnahmen generieren.

Der Handel mit den THG-Quoten soll den Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor erhöhen. Inverkehrbringer fossiler Kraftstoffe werden verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen
zu reduzieren. Dies kann zum einen durch den Vertrieb emissionsarmer Kraftstoffe geschehen, zum anderen kann der Inverkehrbringer als Quotenverpflichteter zertifizierte THG-Quoten von Dritten erwerben. Letztere können zum Beispiel Betreiber von Wasserstofftankstellen sein, die so zusätzliche Einnahmen erzielen können. Die von der EU festgelegten Kriterien ermöglichen einen schnellen Markthochlauf von erneuerbarem Wasserstoff, bieten Sicherheit für Investoren und schaffen EU-weit vergleichbare Wettbewerbsbedingungen.

 

Einstiegshürde für den ÖPNV

Die politische Schwerpunktsetzung auf E-Mobilität hat in der Vergangenheit zu einer geringeren Nachfrage nach Wasserstofftechnologien für den Verkehrssektor geführt, was sich heute bei der Tankstelleninfrastruktur bzw. der Fahrzeugtechnologie bemerkbar macht. Dieses Verhältnis in Bezug auf die Förderung emissionsarmer Brennstoffe wird sich in den nächsten Jahren vermutlich angleichen, um einen größeren Markt für den Wasserstoff zu schaffen. Der Einstieg in die Wasserstoffmobilität kann aber bereits heute durch verschiedene Betreibermodelle von Wasserstofftankstellen erleichtert werden, indem die Kosten zum Beispiel durch die Nutzung von öffentlichen Wasserstofftankstellen reduziert werden.

 

Ausblick

Der dena-Leitstudie4 zufolge wird sich in Deutschland in den kommenden Jahren eine schnell wachsende Wasserstoffwirtschaft entwickeln, in der zunehmend erneuerbarer Wasserstoff zum Einsatz kommt.
 


Über die dena

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) ist ein Kompetenzzentrum für angewandte Energiewende und Klimaschutz. Sie unterstützt öffentliche und private Auftraggeber auf dem Weg der Energiewende mit Studien und Strategieberatungen oder Projektentwicklungen, sowie dem Aufbau von Netzwerken. So organisiert sie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke.

Die „dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität“ ist der Ergebnisbericht des von zehn wissenschaftlichen Instituten, zahlreichen Unternehmen und einem 45-köpfigen Beirat durchgeführten Projekts, wie das Ziel der Klimaneutralität 2045 erreicht werden kann. Sie versteht sich als Leitfaden, in dem anhand von Analysen in verschiedenen Handlungsfeldern Perspektiven zur Erreichung der Klimaziele aufgezeigt werden. (Anm. der Redaktion)



Auch wenn in Deutschland die Produktionskapazitäten ausgebaut werden, wird in Zukunft ein Teil des erneuerbaren Wasserstoffs importiert werden müssen, um den steigenden Bedarf decken zu können.

Aus diesem Grund werden alle Arten von Wasserstoff noch für einige Jahre ihre Daseinsberechtigung haben. Denn im Vergleich zu herkömmlichen Dieselfahrzeugen können erhebliche Mengen an globalen und lokalen Emissionen eingespart werden.

 

1 Vgl. https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/clean-vehicles-directive-faq.html

2 Vgl. https://www.vdv.de/umsetzung-cvd.aspx

³ Vgl. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=PI_COM:C(2023)1087

4 Vgl. https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2021/Abschlussbericht_dena-Leitstudie_Aufbruch_Klimaneutralitaet.pdf

 

Über die Autoren dieses Beitrags

EMCELEMCEL - Ingenieurbüro für Brennstoffzelle, Wasserstofftechnologie und Elektromobilität

Seit rund 15 Jahren entwickelt das Team von EMCEL mit Begeisterung Projekte und Konzepte für die Energiewende und Sektorenkopplung. Unser Fokus sind Wasserstoff, Elektromobilität und natürlich deren Anbindung an erneuerbare Energiequellen. Wir kennen den Markt, die Hersteller und die Technik und geben dieses Wissen gern weiter, technologieoffen und herstellerunabhängig.

Wir begleiten unsere Kunden von der ersten Konzeptskizze bis zur Umsetzung. Wir erstellen Potenzialanalysen, Machbarkeitsstudien, Feinkonzepte und Umsetzungskonzepte. Bei Bedarf helfen wir auch bei der Akquise von Fördermitteln. Wenn es einmal knifflig wird, finden wir dank unserer Erfahrung mit Planung, Bau und Betrieb schnell eine Lösung.

Unser Team besteht aus erfahrenen Ingenieurinnen und Ingenieuren aus den Fachbereichen Maschinenbau, Elektrotechnik, Fahrzeugtechnik, Betriebswirtschaft sowie Erneuerbare Energien und verfügt über umfassendes technisches und betriebliches Knowhow und langjährige Praxiserfahrung. EMCEL hat seinen Firmensitz in Köln, ist aber bundesweit
und auch international aktiv.

Weitere Informationen unter: www.emcel.com

 

Das KOINNOmagazin

Dieser Artikel ist ein Beitrag aus dem KOINNOmagazin 01/2023.

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