Nicht erst seit der Corona-Pandemie sind digitale und vielfältige Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten in aller Munde. Das Pandemiegeschehen hat die Bestrebungen nach zukunftsweisenden Büro- und Arbeitswelten jedoch immens beschleunigt und dabei die Digitalisierung im Rekordtempo vorangetrieben. Doch was macht diese „Neue Arbeit“ überhaupt aus und lassen sich diese Ansätze überall anwenden? Wie kann die öffentliche Verwaltung eine Abkehr von alten Arbeitsweisen schaffen?
Ursprung des New Work-Gedankens
Der Begriff New Work wurde vom österreichischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann geprägt. Dieser suchte einen Gegenentwurf zum klassischen Kapitalismus und beschrieb ein Modell aus Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft. Die von Bergmann proklamierten Werte wurden seither von anderen Gelehrten aufgegriffen und fortlaufend weiterentwickelt.
Die Globalisierung und der Fachkräftemangel sorgten dafür, dass das Thema zunehmend auch Gehör bei Arbeitgebern fand. Ziele wie den Anforderungen von Arbeitnehmern gerecht zu werden, schnellere Reaktionen auf Veränderungen auf dem Markt zu ermöglichen, die Effizienz zu steigern, Talente zu binden und zu fördern zählen zu den Motivatoren, die Arbeitsweise in den Unternehmen zu verändern.
Anwendungsbereiche von New Work
Die Transformation der Arbeit im Kontext von New Work lässt sich in vier Kategorien einteilen:
- Modelle zur Förderung von Selbstorganisation von Arbeitnehmern
- Schaffung von Beziehungen und Anreizsystemen
- Kreation neuer Denkmodelle
- Optimierung des Arbeitsplatzes
Im Zuge der Selbstorganisation von Arbeitnehmern spielen vor allem Modelle wie Holokratie, Kollegiale Führung, Agilität und menschenzentrierte Organisation eine entscheidende Rolle. Hier werden vor allem klassische Hierarchien und Arbeitsstrukturen durch eine aufgabenbasierte Arbeit in Kreisen, Transparenz und eine dezentrale Führung ersetzt.
Die Schaffung von Anreizsystemen und Beziehungen zielt auf die Verbesserung der Arbeitskultur im Sinne der gesamten Organisation. Dazu gehören Wertschätzung, regelmäßiges Feedback zu Arbeitsleistungen, eine gesunde Fehlerkultur sowie alternative Vergütungsmethoden.
Auch der Ausbruch aus bisherigen, starren Denkweisen ist ein zentrales Element von New Work. Konstruktive Abstimmungen von Entscheidungen anstelle von Einzelbeschlüssen, Installation vom Growth-Mindset-Gedanken, in dem auch das Scheitern als Schritt zum Erfolg angesehen wird, sowie eine bewusste Wahrnehmung des Arbeitsalltages, vor allem im Umgang mit digitalen Tools.
Das Design und die Gestaltung der Arbeitsumgebung haben einen Einfluss auf den menschlichen Geist, Stimmung und Motivation und damit auf die Gesamtleistung. Um diese positiv zu beeinflussen, können z.B. Licht, Farben, technische Ausstattung und die Raumaufteilung eine wichtige Rolle spielen. Zudem werden ergonomische Maßnahmen wie verstellbare Tische und Stühle immer wichtiger, um die Gesundheit der Beschäftigten zu fördern. Immer mehr Unternehmen erlauben ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dort zu arbeiten, wo sie wollen. Diese Form von Remote Work geht über das klassische „Home Office“ hinaus.
Voraussetzungen für die Umsetzung von New Work-Formaten
Zentrale Voraussetzungen für die Einführung neuer, digitale Arbeitsmodelle ist eine geeignete technische Infrastruktur, eine passende Strategie sowie die Implementierung und Nachhaltung der geeigneten Prozesse. Die digitale Arbeitswelt ist für Unternehmen weit mehr als ein reines IT-Projekt. Als ganzheitliches Themenfeld umfasst es Transformation, Kommunikation und Organisationsentwicklung und muss langfristig betreut und gepflegt werden. Daher können neue Digital-Work-Projekte mehrere Jahre dauern, bis die technologische Umsetzung abgeschlossen ist und die Prozesse wirklich vollständig in der Organisation etabliert und akzeptiert wurden.
Technische Infrastruktur
Voraussetzung für den Erfolg von New Work ist ein gut funktionierendes technisches Fundament. Hierfür müssen zunächst die Bereitschaft von Netzwerk, technischer Server-Infrastruktur sowie die Komplexität von zentralen Datenspeicherungen betrachtet werden, sonst besteht die Gefahr, dass es zu einem späteren Zeitpunkt nicht reibungslos läuft. Dank Kollaborationstools, mobiler Endgeräte und zu den Anforderungen passenden Cloud-Szenarien werden neue Formen der Zusammenarbeit möglich.
Strategie
Die Veränderungen durch New Work sind für die Mitarbeitenden nicht zu unterschätzen und sollten vom Arbeitgeber ausreichend kommuniziert werden. Somit wird eine Gesamtstrategie notwendig, um die technische Bereitstellung von Apps und Tools optimal zu begleiten und so den Erfolg der neuen Arbeitsformen zu gewährleisten. Unternehmen müssen sich also fragen, welche unterstützenden Lernformate die Belegschaft braucht und wie stark Führungskräfte eingebunden werden müssen.
Prozesse
Um technische Services, Funktionen und Apps effizient und ganzheitlich in den Arbeitsalltag zu integrieren, sollten entsprechende Geschäftsprozesse von vornherein mitgedacht werden. Eine der größten Herausforderungen von New Work für Unternehmen ist es, einen ganzen Blumenstrauß an neuen digitalen Tools in die vorhandene Struktur zu integrieren und diese dann optimal für sich zu nutzen. Jede technische Neuerung muss auf ihren Mehrwert für das Unternehmen geprüft werden.
Herausforderungen für öffentliche Auftraggeber
Gründe, weshalb die digitale und mobile Arbeit in der öffentlichen Verwaltung bisher nur langsam vorankam, sind vielfältig:
- fehlende Digitalstrategien,
- mangelnder Netzausbau,
- erhöhte Sicherheitsanforderungen und
- eine langsame Beschaffung von Soft- und Hardware.
Die Corona-Pandemie löste jedoch auch in den Behörden einen regelrechten Digitalisierungsschub aus. Zu Beginn sollten zunächst vor allem Gesundheits- und Ordnungsämter handlungsfähig bleiben, die übrige Verwaltung kann nun folgen.
Handlungsfähigkeit lässt sich aber nur mit schneller, korrekter und sicherer Datenverarbeitung, digitalen Tools sowie mobiler Arbeit sicherstellen. Damit Bürgerinnen und Bürger Verwaltungsdienstleistungen in Zukunft durchgängig digital beziehen können, stellte der Bund jüngst weitere drei Milliarden Euro für die fällige Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes bereit. Damit kann ebenfalls in langfristige Digitalstrategien investiert werden, die bisher zum Beispiel nur 8 % der Kommunen haben².
Drohender Fachkräftemangel zwingt auch Behörden zum Umdenken
Ohne langfristige digitale Visionen sind künftige Herausforderungen nicht zu bewältigen. Während sowie nach der Pandemie besteht nun die Gelegenheit, Arbeitsmodelle endlich zu modernisieren. Doch gerade beim mobilen Arbeitsplatz gibt es bei Behörden noch einigen Nachholbedarf. Die technologischen Möglichkeiten sind zwar teilweise bereits geschaffen, doch auch die eigentliche Einstellung zu diesem Thema muss sich ändern. Ein kultureller Wandel im Sinne von New Work innerhalb der Behörden ist eine der größten Herausforderungen, um die Transformation zur digitalen Verwaltung erfolgreich zu bewältigen. Laut einer Umfrage des DStGB und bitkom schlossen 50 Prozent der Befragten in Kommunen Homeoffice vor der Corona-Krise kategorisch aus. Immerhin 37 Prozent taten dies währenddessen noch. Diese fehlende Digitalkultur könnte sich zukünftig aufgrund des drohenden Fachkräftemangels zusätzlich rächen.
Mit rund 4,2 Millionen Beschäftigten ist der öffentliche Dienst der größte Arbeitgeber Deutschlands. Um handlungsfähig zu bleiben und die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern, muss er sich stärker um qualifizierte Talente bemühen. Genau diese setzen jedoch einen modern ausgestatteten, mobilen, digitalen Arbeitsplatz voraus.
Fazit
Um all diese Herausforderungen in Zukunft meistern zu können, ist eine noch intensivere Integration von digitalen Tools, die Bereitstellung von neuen Arbeitsmöglichkeiten, aber auch eine Optimierung der Beschaffung notwendig. So gelingt auch Behörden der Sprung in Richtung „New Work“.
Wie Sie die Beschaffung strategischer gestalten können, lernen Sie zum Beispiel im KOINNO-Seminar „Strategische Beschaffung für öffentliche Auftraggeber“ am 2. Mai 2022 in Neuss.
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In the way to new work – Der Podcast über neue Arbeit, Folge 275 mit Dr. Anna Sinell
Das kostenfreie KOINNO-Beratungsangebot
Quellen: