Vergabestatistikverordnung, Bild: Pixabay

Mit einem jährlichen Volumen von mindestens 350 Milliarden Euro stellt die öffentliche Auftragsvergabe von Bund, Ländern und Kommunen einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor dar (Quelle: Studie der UniBW). Gleichzeitig gibt es bis heute keine validen Daten darüber, wie sich die Beschaffungsaktivitäten in Deutschland genau entfalten.

Die Informationen der TED-Datenbank (Tenders Electronic Daily) sind an der Stelle nur bedingt hilfreich, da die „Unterschwellen-Vergaben“, also die Vergaben unterhalb des EU-Schwellenwertes von 214.000 Euro für Liefer- und Dienstleistungen (Stand Febr. 2021), welche die deutliche Mehrheit der Vergaben in Deutschland ausmachen, gar nicht erfasst werden. Nur auf der Grundlage der Vergabestatistik können die volkswirtschaftliche Bedeutung der Vergabe öffentlicher Aufträge umfassend analysiert und Erkenntnisse für künftige vergabepolitische und -rechtliche Entscheidungen auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene gewonnen werden.

Mit der im Jahr 2020 umfassend novellierten Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) wird dem Informationsbegehren des Bundestages, der Bundesregierung, der Länder, der Europäischen Kommission, der Wissenschaft und der Wirtschaft Rechnung getragen. Neben dem Vergabevolumen und dessen Verteilung sind für die Wirtschaftspolitik die Berücksichtigung von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Nachhaltigkeitskriterien und innovative Aspekte von besonderem Interesse. Und auch die Beschaffungsstellen profitieren von den statistischen Auswertungen, um diese für ihre Beschaffungsplanung und -analyse zu nutzen.

Vergabemanagementsysteme: Schnittstellen machen den Unterschied aus

Mit Blick auf die Personalknappheit in öffentlichen Beschaffungsstellen sind Schnittstellen für die automatisierte Übermittlung der Statistikdaten essenziell. Ein doppelter Datenpflegeaufwand sollte vermieden werden, denn die benötigten Daten sind im Vergabetool im Rahmen der Ausschreibungen bereits erfasst worden. Aber: nicht alle Aufträge laufen über das Vergabemanagementsystem.

Die Daten der „Unterschwellen-Vergaben“ dort manuell zu erfassen, bedeutet einen erheblichen Mehraufwand. Jedes Haus muss hier für sich entscheiden, welchen Stellenwert und welche Ressourcen das Datenmanagement einnehmen soll. Am Ende geht es darum, dass die Beschaffungsstellen ihre Prozesskosten im Griff behalten.

Die meisten Anbieter von Vergabemanagementsystemen (VMS) bieten mittlerweile die automatisierte Statistikmeldung an – teils über ein Zusatzmodul, welches mit Extrakosten verbunden sein kann. Bei einigen Anbietern können auch Zusatzkosten für jede einzelne Meldung entstehen. Dies sollte bei der Gesamtkostenbetrachtung und Auswahl des VMS-Anbieters berücksichtigt werden.

Freiwillig oder Verpflichtend: es kommt darauf an!

Ab einem Auftragswert über 25.000 Euro besteht Meldepflicht. Bei den „Unterschwellen-Vergaben“ gilt dies allerdings nur für öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB. Weitere Voraussetzungen gemäß § 2 VergStatVO müssen ebenfalls erfüllt sein. Ob auch Zuschlagskriterien verpflichtend berichtet werden müssen, ist von der Auftragsart abhängig. Welche Daten gemeldet werden müssen und welche auf freiwilliger Basis übermittelt werden können, kann den Anhängen zur VergStatVO entnommen werden.

Berichtsstelle: Dürfen es auch mehrere sein?

Die öffentlichen Auftraggeber müssen eine Berichtstelle bestimmen, welche die Vergabedaten meldet. Diese kann in der Vergabe- bzw. Beschaffungsstelle selbst angesiedelt sein oder bei einem externen Dienstleister. Die Berichtsstelle muss beim Statistischen Bundesamt (Destatis) registriert werden. Bei einem dezentral aufgestellten Einkauf mit mehreren Beschaffungsstellen dürfen auch mehrere Berichtsstellen benannt werden. Es gibt hier keine Obergrenze. Bei einer größeren Zahl an Berichtsstellen sollte allerdings die Verschlankung der Prozesse überdacht werden, um Fehlerquellen und Doppelmeldungen zu vermeiden.

Sonderregeln für Sektorenauftraggeber

Bei Auftragswerten unter den EU-Schwellenwerten im Sektorenbereich besteht für diese Aufträge keine Meldepflicht. Dabei muss aber unterschieden werden, ob der Inhalt der Ausschreibung dem Sektorenbereich zuzuordnen ist. Vergibt ein Auftraggeber Aufträge anderer Art, ist er nicht Sektorenauftraggeber. Dies wäre der Fall, wenn bspw. ein Stadtwerk außerhalb der Sektorenverordnung Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte bspw. für Bäder, Parkhäuser oder Parkanlagen vergibt. In diesen Fällen müssen die Daten der Aufträge ab einem Auftragswert von 25.000 Euro gemeldet werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 2 VergStatVO erfüllt sind.

Meldepflicht bei Bauvergaben 

Bei der Meldepflicht unterscheidet die VergStatVO nicht zwischen dem Inhalt der vergebenen Aufträge. Wenn bspw. ein öffentliches Krankenhaus viele Bauaufträge ab einem jeweiligen Auftragswert über 25.000 Euro vergibt, so besteht in diesem Fall die Meldepflicht, wenn die anderen Voraussetzungen des § 2 VergStatVO erfüllt sind. Bei Bauvergaben über dem EU-Schwellenwert, welche europaweit ausgeschrieben werden, dürfen 20 Prozent auch für Auftragsinhalte außerhalb der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) national vergeben werden. An die Vergabestatistik sind immer die Daten des Gesamtauftrages zu melden. Daher sind Lose zusammenzurechnen, um zu beurteilen, ob der Auftragswert so hoch ist, dass die Meldepflicht besteht.

Sechs-Wochen-Frist beachten

Die Frist zur Übermittlung der Daten für die Vergabestatistik beträgt sechs Wochen nach der Zuschlagserteilung für die Auftragsvergabe. Diese Meldepflicht greift ab dem 01.10.2020.

Die bisherigen jährlichen Meldungen der Bundesländer, die letztendlich an das Bundeswirtschaftsministerium übermittelt wurden, gibt es künftig nicht mehr. Die letzte Abfrage dieser Art erfolgte für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. September 2020.

 

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