Mit der Verabschiedung neuer Rechtsvorschriften und der Einführung einer
Richtlinie über den Einsatz von E-Procurement befindet sich die öffentliche
Beschaffung derzeit in einem grundlegenden Wandlungsprozess. In puncto Recht,
Management, IT, Märkte und Technologien erfordere dieser viele neue Fähigkeiten,
die außerdem von vielen verschiedenen Stellen durchgesetzt werden müssten – von
öffentlichen Auftraggebern über Lieferanten bis hin zu IT-Anbietern und
Gerichten, sagte Joaquim Nunes de Almeida bei der EU-Jahreskonferenz für
öffentliche Beschaffung in Athen. "Um all diese Dimensionen zu erfassen, ist es
unausweichlich, dass die Reformen multidisziplinarisch und professionell in
Angriff genommen werden. Die Mitgliedstaaten haben das Potenzial für
Einsparungen durch eine professionellere Beschaffung noch nicht ergriffen", so
der bei der EU-Kommission für das öffentliche Auftragswesen zuständige Direktor.
Öffentliche Aufträge würden bislang nicht als strategische Funktion
wahrgenommen, sondern vielmehr als Verwaltungsarbeit, die sich hauptsächlich mit
der Rechtskonformität beschäftige.
Nunes de Almeida will deshalb darauf drängen, dass die Mitgliedsstaaten sich
auf eine gemeinsame Auslegung der Richtlinien einigen, die sich mit den
Binnenmärkten verträgt und in die nationalen Gesetze übertragen wird. "Als ein
wesentlicher Teil unserer Arbeit werden wir eine Politik zur
Professionalisierung der öffentlichen Einkäufer fördern", kündigte der
EU-Kommissar an. Zu den von ihm in Aussicht gestellten Maßnahmen gehörten unter
anderem die Bildungsförderung sowie der Kapazitätsaufbau und der Austausch über
bewährte Verfahren. Marktkenntnisse, unternehmerische Fähigkeiten und
Ergebnisorientierung müssten ein integraler Bestandteil der öffentlichen
Beschaffung werden.
Strategie erarbeiten
In einem weiteren Schritt könnten die Mitgliedsstaaten die aktuelle
Gelegenheit dazu nutzen, um eine umfassende mittelfristige Strategie für ein
intelligentes öffentliches Beschaffungswesen zu erarbeiten. "Dies wäre eine
wertvolle Ergänzung für die bloße Umsetzung der neuen EU-Richtlinien. Es würde
andere Reformprogramme ergänzen, zumal das öffentliche Beschaffungswesen mit so
vielen anderen Gebieten in Berührung kommt", so Nunes de Almeida. Allen
EU-Skeptikern zum Trotz glaubt er, dass der Mehrwert von öffentlichen
Innovationen und Vereinfachungen noch immer stark unterschätzt wird.
Der EU-Kommissar hob deshalb drei wichtige Ansatzpunkte hervor, mit denen das
Beschaffungswesen der öffentlichen Hand zu verbessern sei. Zuallererst den
Einsatz von E-Procurement als Rückgrat für die Modernisierung des öffentlichen
Auftragswesens, das Entscheider dazu verleite, sich vermehrt mit Prozessen,
Systemen und Ergebnissen zu beschäftigen. Neue Technologien könnten außerdem
dabei helfen, zwei gravierende Probleme der öffentlichen Beschaffung in Angriff
zu nehmen: einerseits die Korruption, wenn vorhandene Unterlagen für
Kontrollzwecke öffentlich zugänglich gemacht werden, und andererseits die
Ineffizienz, wenn relevante Daten über die Prozesse gewonnen werden.
Transparente, faire und wettbewerbsfähige Beschaffungsmärkte in Europa
brächten große Chancen für die europäischen Unternehmen mit sich, so Almeidas
Fazit. "Sie tragen direkt zum Wirtschaftswachstum und zum Beschäftigungsaufbau
bei und ermöglichen gleichzeitig die effiziente Verwendung der öffentlichen
Mittel - zwei brennende Themen, mit denen sich die EU heute auseinandersetzen
muss. Wir haben jetzt eine große Chance, zu handeln."
Quelle:
EU-Kommission
Die vollständige Rede von Joaquim Nunes de Almeida, Director, Public Procurement, DG Internal Market and Services, European Commission, finden Sie hier.