Über welches Wissen zu den Prozessen des öffentlichen Einkaufs verfügen Unternehmen ihrer eigenen Einschätzung nach? Im Vergabereport 2024 haben wir dazu ein Stimmungsbild von Startups und KMU eingefangen, das wir gerne mit Ihnen teilen möchten.
Sollten Sie Teil 1 mit dem Fokus auf Innovationskraft und Marktperspektiven noch nicht gelesen haben, finden Sie diesen hier. Teil 2 handelte von der Bedeutung des öffentlichen Sektors als Kundensegment und kann hier gelesen werden.
Die Einschätzung des Wissens über die Prozesse des öffentlichen Einkaufs variiert deutlich zwischen Unternehmen, die sich als erfahren oder unerfahren in der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen betrachten (Abbildung 9). Erfahrene Unternehmen schätzen ihr Wissen auf einer Skala von 1 (niedrig) bis 10 (hoch) im Durchschnitt höher ein, mit einem Mittelwert von 6,2, während unerfahrene Unternehmen einen deutlich niedrigeren Mittelwert von 4,2 aufweisen.
Unter den erfahrenen Unternehmen zeigt sich eine breite Verteilung der Selbsteinschätzungen. Der größte Anteil (25 %) bewertete ihr Wissen mit Stufe 7, was darauf hinweist, dass sie insgesamt ein gutes Wissen über die Prozesse des öffentlichen Einkaufs haben. 19 % der erfahrenen Unternehmen stufen ihr Wissen auf Stufe 8 ein.
Zum Vergleich: Nur 19 % ordnen sich insgesamt auf den untersten 4 Stufen ein, wovon nur ein kleiner Prozentsatz (2 %) ihr Wissen mit der niedrigsten Stufe 1 bewertete, was auf einzelne Unsicherheiten hinweist.
Abbildung 9: Auf einer Skala von 1 (niedrig) – 10 (hoch), wie gut schätzen Sie Ihr Wissen über die Prozesse des öffentlichen Einkaufs ein?
Im Gegensatz dazu stufen unerfahrene Unternehmen ihr Wissen tendenziell niedriger ein. Ein erheblicher Anteil (33 %) dieser Unternehmen bewertete ihr Wissen mit Stufe 3, was auf deutliche Wissenslücken hinweist. In dieser Gruppe verorten sich über 60 % auf den niedrigsten 4 Stufen. Davon bewerteten 17 % der unerfahrenen Unternehmen ihr Wissen mit der niedrigsten Stufe 1.
Nur wenige unerfahrene Unternehmen schätzen ihr Wissen über die Prozesse des öffentlichen Einkaufs hoch ein. Nur 2 % der unerfahrenen Unternehmen bewerteten ihr Wissen mit der höchsten Stufe 10, was auf ein geringes Selbstvertrauen oder tatsächlich weniger Wissen hindeuten könnte.
Diese Diskrepanz in der Selbsteinschätzung des Wissens über die Prozesse des öffentlichen Einkaufs verdeutlicht die Notwendigkeit, mit Schulungen und gezielten Informationen den Kenntnisstand unerfahrener Unternehmen zu verbessern. Ein umfassendes Verständnis der Beschaffungsprozesse könnte dazu beitragen, die Teilnahmebereitschaft und den Erfolg dieser Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen zu erhöhen.
Kenntnis der relevanten Vergabeplattformen
Die Aussage „Wir kennen die relevanten Vergabeplattformen für die Bekanntmachung von Ausschreibungen (TED, Bund.de, Vergabeplattform des Bundes, der Bundesländer, DTVP etc.)“ wurde nur den Befragten des Fragebogens für erfahrene Unternehmen vorgelegt. Abbildung 10 verdeutlicht, wie gut diese Unternehmen die relevanten Vergabeplattformen kennen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Unternehmen ein gutes Verständnis für diese Plattformen hat.
Ein beträchtlicher Anteil der Unternehmen, nämlich 44 %, bekundete vollumfängliche Zustimmung zu der Aussage, dass sie die relevanten Vergabeplattformen kennen. Weitere 29 % der Unternehmen stimmten der Aussage eher zu, was insgesamt zeigt, dass mehr als 70 % der Unternehmen ein hohes Maß an Vertrautheit mit Vergabeplattformen aufweisen.
Ein Anteil von 11 % der Unternehmen bewertete seine Kenntnis als „teils/teils“. Ein geringerer Anteil von 6 % stimmte der Aussage eher nicht zu, während nur 2 % gar nicht zustimmten. Dies lässt den Schluss zu, dass nur eine geringe Anzahl von Unternehmen erhebliche Wissenslücken in Bezug auf Vergabeplattformen aufweist.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die meisten Unternehmen gut über die wichtigsten Vergabeplattformen informiert sind, was ihnen ermöglicht, effektiv an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen.
Die hohe Zustimmung zeigt, dass die Bekanntheit und das Wissen über diese Plattformen weit verbreitet sind, obwohl es immer noch einen kleinen Teil der Unternehmen gibt, die Wissenslücken aufweisen. Durch die Vielzahl an Vergabeplattformen ist es wahrscheinlich, dass themenspezifische oder regionale Plattformen nicht bekannt sind.
Dies könnte auf die Notwendigkeit weiterer Informations- und Schulungsangebote hinweisen, um sicherzustellen, dass alle Unternehmen gleichermaßen gut informiert sind. Je breiter die vielen Möglichkeiten bekannt sind und je transparenter der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen ist, desto mehr Unternehmen beteiligen sich.
Kenntnis der Kooperationsmöglichkeiten
Auch die Aussage „Wir kennen die Möglichkeit, mit anderen Unternehmen zu kooperieren (sogenannte Bietergemeinschaften), wenn wir nur einen Teil der ausgeschriebenen Leistungen erbringen können“ lag nur in dem Fragebogen für erfahrene Unternehmen vor (Abbildung 11).
Die Möglichkeit der Bildung von Bietergemeinschaften erlaubt es Unternehmen, sich zusammenzuschließen, um gemeinsam an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen. Dies ist besonders vorteilhaft für größere Ausschreibungen sowie kleinere Unternehmen, die nicht in der Lage sind, eigenständig alle Anforderungen eines Ausschreibungsauftrags zu erfüllen.
In einer Bietergemeinschaft bündeln mehrere Unternehmen ihre Ressourcen und Kompetenzen und können dadurch ihre Chancen auf erfolgreiche Auftragsvergaben erhöhen. Dies ermöglicht es auch unerfahrenen Unternehmen öffentliche Aufträge zu gewinnen und erste Referenzen zu sammeln.
Ein Großteil der Befragten, nämlich 52 %, stimmte der Aussage voll und ganz zu, dass sie diese Möglichkeit kennen. Weitere 22 % der Unternehmen stimmten eher zu, was insgesamt zeigt, dass etwa drei Viertel der Unternehmen gut über diese Kooperationsmöglichkeit informiert sind.
Nur 5 % der Unternehmen bewerteten ihre Kenntnis als „teils/teils“. Ein kleinerer Anteil von 10 % stimmte der Aussage eher nicht zu, und 5 % stimmten gar nicht zu, was darauf hindeutet, dass auch einige erfahrene Unternehmen erhebliche Wissenslücken in Bezug auf Bietergemeinschaften haben.
Abbildung 11: Wir kennen die Möglichkeit mit anderen Unternehmen zu kooperieren (sogenannte Bietergemeinschaften), wenn wir nur einen Teil der ausgeschriebenen Leitungen erbringen können.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die meisten erfahrenen Unternehmen gut über die Möglichkeit der Bildung von Bietergemeinschaften informiert sind, was ihnen ermöglicht, effektiver an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen, auch wenn sie nur einen Teil der ausgeschriebenen Leistungen erbringen können.
Die hohe Zustimmung zeigt, dass die Kenntnis über diese Kooperationsmöglichkeit weit verbreitet ist, obwohl es immer noch einen kleinen Teil der Unternehmen gibt, die Wissenslücken aufweisen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Kenntnis über die Möglichkeit Bietergemeinschaften zu gründen weitestgehend besteht, jedoch nicht, ob und wie häufig diese Möglichkeit auch genutzt wird.
Mithilfe von umfassenden Informationen zu den Vorteilen und Vorgehensweisen könnten Unternehmen weiter unterstützt werden. Insbesondere unerfahrene und kleinere Unternehmen sollten hierbei in den Blick genommen werden, da für sie Bietergemeinschaften ein wichtiges Instrument für den Einstieg in den öffentlichen Sektor sein können.
Ausblick
In Teil 4 unserer Beitragsserie zu den Ergebnissen aus dem Vergabereport 2024 widmen wir uns der Einschätzung der Unternehmen bezüglich der Auffindbarkeit und Passgenauigkeit öffentlicher Ausschreibungen.
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