Das BMWK hat den zweiten Halbjahresbericht zur Vergabestatistik veröffentlicht. Dadurch ist es erstmals möglich, Daten rund um den öffentlichen Einkauf über ein ganzes Jahr (2021) beim Statistischen Bundesamt abzurufen und miteinander zu vergleichen.
Gemeinsam stehen durch die Berichte jetzt Angaben und Aussagen zu insgesamt 182.033 öffentlichen Aufträgen und Konzessionen mit einem Auftragsvolumen von 103,9 Mrd. € zur Verfügung.
Zudem ermöglichen die Daten einen Vergleich von unterschiedlichen Zeitabschnitten. Das erhöht die Aussagekraft.
Somit liegen uns aktuell die aussagekräftigsten Daten vor, die wir je hatten! Grund für uns, erste Aussagen und Erkenntnisse des 2. Halbjahresberichts vorzustellen:
1. Ausgeprägte Mittelstandsfreundlichkeit
„Hocherfreulich ist (…), dass die Zahlen erneut die sehr ausgeprägte Mittelstandsfreundlichkeit im öffentlichen Auftragswesen belegen;“ so Sven Giegold, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Die Zahlen sprechen in der Tat für sich:
Insgesamt wurden 2021 bei 119.600 öffentlichen Aufträgen und Konzessionen KMU als Auftragnehmer bezuschlagt. Dies entspricht einem Anteil von 65,7 Prozent an allen Aufträgen im Berichtszeitraum.
Dabei weisen beide Halbjahresberichte jeweils sehr ähnliche Ergebnisse auf. Sowohl in der Anzahl der Aufträge, als auch in der prozentualen Verteilung.
Auf kommunaler Ebene haben die öffentlichen Aufträge an KMUs im 2. Halbjahr 70,45 % aller kommunaler Aufträge ausgemacht. Dies ist der Spitzenwert. Auf Bundesebene waren es immerhin noch 46,77 %. Ein Erklärungsansatz für die Differenz wird im 2. Bericht darin gesehen, „dass auf Bundesebene eher großvolumige Aufträge und Konzessionen vergeben werden.“
2. Am häufigsten werden Bauaufträge vergeben
Der Großteil an Aufträgen ist im 2. Halbjahr 2021 mit 44.783 Aufträgen dem Bausektor zuzuordnen. Dies macht insgesamt 47,11 % aller Aufträge aus.
Allerdings gilt zu beachten, dass das größte Auftragsvolumen an Dienstleistungsaufträge vergeben wird. Hier lohnt auch der Blick in den 1. Halbjahresbericht, der ein ähnliches Ergebnis abbildet.
3. Ausschreibungen erhalten relativ wenige Angebote
Im Rahmen unserer Arbeit bei KOINNO wird uns regelmäßig die Frage gestellt, wie hoch die Anzahl zu erwartender Angebotseingänge sein wird bzw. wie diese Anzahl gesteigert werden kann. Daher ist es erfreulich, dass der Bericht auch hierzu erste Zahlen zur Verfügung stellt.
Der 2. Bericht zeigt dabei relativ klar auf, dass die Tendenz auf allen Beschaffungsebenen „eher zu 2 – 3 Angeboten oder weniger“ geht. Zudem wird deutlich, dass die Verteilung auf allen Beschaffungsebenen relativ gleichmäßig ausfällt, wobei auf Landeseben und Kommunalebene „etwas häufiger mehr Angebote eingegangen sind als bei Vergaben auf Bundesebene“. Gleiches gilt im Vergleich auch für den 1. Bericht.
4. Das Potenzial bei der Verwendung von Nachhaltigkeitskriterien ist groß
Bei 12.069 Aufträgen bzw. 12,7 % aller öffentlichen Aufträge wurden soziale, innovative und umweltbezogene Kriterien berücksichtigt!
Insgesamt wurden bei 12,7 % aller öffentlichen Aufträge soziale, innovative und umweltbezogene Kriterien berücksichtigt.
Bauaufträge waren dabei mit rund 5.800 Aufträgen die Leistungsart, bei der am häufigsten Nachhaltigkeitskriterien berücksichtig wurden.
Zudem gibt es eine Auswertung für den Oberschwellenbereich, die aufzeigt, an welcher Stelle Nachhaltigkeitskriterien verwendet wurden. Diese wurden am häufigsten in der Leistungsbeschreibung verwendet, gefolgt von den Ausführungsbedingungen, den Eignungs- und den Zuschlagskriterien.
Für den Unterschwellenbereich liegen über die Stelle der Verwendung keine Daten vor. Hier findet man u.a. die Aussage, dass Aufträge mit einem Auftragsvolumen von rund 1,8 Mrd. € soziale, umweltbezogene und innovative Kriterien enthalten haben. Dies entspricht in Bezug auf das Auftragsvolumen 13,07 % aller Unterschwellenvergaben.
An diesem Punkt können wir klar sagen: Da geht noch was! Hier liegt auch in Zukunft noch viel Potenzial für die öffentliche Beschaffung und es macht deutlich, dass die vielen Möglichkeiten einer strategischen, öffentlichen Beschaffung noch nicht ausreichend genutzt werden.
5. Der Standard sind Ausschreibungen mit dem Zuschlagskriterium „nur Preis“
Ein weiterer Aspekt, der entsprechend der Vergabestatistikverordnung erhoben und ausgewertet wird, ist die Verwendung von Zuschlagskriterien. Hier fällt es etwas schwerer, Aussagen zu treffen, da bei 29 % keine Angaben gemacht wurden.
Es lässt allerdings mehr als erahnen, dass Zuschlagskriterien in Kombination mit „Preis- und Qualitätskriterien“ relativ selten im Vergleich zum alleinigen Zuschlagskriterium „Preis“ gewählt werden.
Fazit
Wir können festhalten, dass ein weiterer Schritt, hin zu einer belastbaren Datengrundlage und hin zu einer evidenzbasierten Wirtschaftspolitik im Bereich der öffentlichen Beschaffung, gegangen wurde. Endlich lassen sich erste (quantitative) Aussagen treffen, endlich gibt es eine gute Basis, um „tiefer zu bohren“ und zugleich zu sehen, wie sich die politischen Entscheidungen auf die öffentliche Beschaffung auswirken.
Wir bei KOINNO werden uns intensiver mit diesen Daten beschäftigen und die daraus resultierenden Erkenntnisse gerne mit Ihnen teilen. Sei es in unserem Newsletter, unseren Beratungsangeboten oder bei der Entwicklung unserer digitalen Tools.
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→ Alle Berichte und Daten zur Vergabestatistik auf den Seiten des BMWK
→ Darüber hinaus stellt das Statistische Bundesamt weitere öffentliche und kostenlose Auswertungen zur Vergabestatistik unter www.destatis.de zur Verfügung. Gehen Sie dort auf die GENESIS-Online-Datenbank, geben Sie einfach den Code „79994“ in das Suchfeld ein und tauchen Sie in die Zahlen des öffentlichen Einkaufs ein.