Kommunikationspolitik als Kernstrategie Der Marketing Guide: Teil 3

Inhalt

3. Kommunikation als Kern einer B2G-Marketingsstrategie


In diesem Teil wird zur B2G-Kommunikationspolitik von Startups und KMU angeleitet. Der Fokus liegt auf der Vorbereitung der Unternehmenskommunikation. Außerdem werden initiale Hilfestellungen für die Content-Erarbeitung gegeben und Prinzipien der Evaluation von Marketingaktivitäten vorgestellt.


 

3.1. Vorbereitung – Strategische Identifizierung und Analyse von Stakeholder für B2G-Marketingaktivitäten

Wie im B2B-Marketing ist auch im B2G-Bereich das adressatengerechte Kommunizieren essenziell. Dafür sollten die wichtigsten Bereiche und Stakeholder identifiziert werden, für die anschließend Buyer Personas entwickelt werden, um sie gezielt in ihren jeweiligen Zielen und Pain Points anzusprechen.

Zwei verschiedene Gruppen innerhalb des öffentlichen Sektors sind besonders wichtig für die Ansprache durch Marketing: einerseits Innovations- und Digitalisierungstreibende (z.B. Innovationsmanager, CDOs), die im Querschnitt arbeiten, andererseits die jeweiligen Fachbereiche, welche auf Arbeits- und Entscheidungsebene von einer Lösung profitieren würden. CDOs und Innovationsmanager sind oft gut im Innovations-Ökosystem vernetzt, aktiv auf Veranstaltungen und damit häufig die Treibenden neuer Lösungen innerhalb ihrer Organisation. Bei diesen sollte man sich für die Bekanntschaft innerhalb ihrer Organisation positionieren. Für die Fachbereiche, die die Lösung anwenden würden, liegt der Fokus stärker darauf, welche konkreten Probleme das angebotene Produkt löst und welche Use Cases sich daraus ergeben.

Zur Identifizierung und Analyse von Stakeholder wird eine praxisorientierte Anleitung für öffentliche Stellen vorgestellt (Abbildung 2).

Zusätzlich dazu können KOINNOs Cheat-Sheets Bund und Länder bei der Identifikation von Stakeholdern helfen. Hier sind relevante Stellen sowie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für innovative Unternehmen aufgeführt.

 

Insider-Tipp

Für eine adressatengerechte Kommunikation sollten die unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Stakeholder berücksichtigt werden. Innerhalb der Fachbereiche ist man oft eher an operativen Effizienzgewinnen und Arbeitshilfen interessiert, während IT-Abteilungen und Hausleitungen mehr die Wirtschaftlichkeit priorisieren.

3.2. Vorbereitung – Methoden einer vorbereitenden Marktforschung und -analyse

Sekundärforschung. Sekundärquellen bieten wertvolle Einblicke in die für Ihr Produkt relevanten Herausforderungen des öffentlichen Sektors. Berichte von Fachverbänden und Whitepapers etablierter Stakeholder im Markt eignen sich hier besonders gut. Diese können sowohl aus der Verwaltung als auch aus der Forschung oder Privatwirtschaft stammen. Neben produktspezifischen Herausforderungen lohnt es sich, ein generelles Verständnis der relevanten Trends in Innovation und Digitalisierung des öffentlichen Sektors aufzubauen (dafür beispielhaft die Quellen: SZ Dossier Digitalwende, E-Government, VITAKO, Bitkom, KGSt, Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI, Springer Innovative Verwaltung).

 

Insider-Tipp

Politische Entwicklungen, Haushalte, und anstehende Gesetzesänderungen im für Ihr Produkt relevanten Bereich sollen Sie stets im Blick behalten. So können Sie schnell auf Veränderungen reagieren, Ihre Kommunikation gezielt an die neue Lage anpassen und sich mit Ihrem Angebot als Pionierin oder Pionier positionieren.

Gespräche mit Stakeholdern. Zunächst sollten die relevanten Akteure im öffentlichen Sektor identifiziert werden (Teil 3.1). Dazu zählen öffentliche Entscheidungsträgerinnen und -träger, Fachbereiche, CDOs sowie Akteure, die sich leidenschaftlich für ein Thema einsetzen („Leuchttürme“). Um die spezifischen Bedarfe der potenziellen Kundinnen und Kunden besser zu verstehen, eignen sich niedrigschwellige Gespräche und strukturierte Interviews. Dabei lassen sich die spezifischen Herausforderungen der Behörde identifizieren und konkrete Use Cases für das Produkt entwickeln. Ebenfalls eignen sich Gespräche gut, um die jeweiligen Entscheidungsfindungsdynamiken in der öffentlichen Verwaltung nachzuvollziehen (Teil 2.1.2) und geeignete Kanäle zur Erreichung der Stakeholder zu identifizieren. Durch gezielte Fragen lässt sich auch ein Verständnis für die Sicherheitsanforderungen und Compliance-Erwartungen der Verwaltung aufbauen. Wie auch im B2B-Bereich liegt der Fokus der Gespräche nicht auf der Präsentation der eigenen Lösung, sondern auf dem zuhörenden Verständnis der Probleme und spezifischen Pain Points der Verwaltung. Stakeholder lassen sich z.B. gut im Kontext von branchenspezifischen Veranstaltungen erreichen. Eine Übersicht über aktuelle Veranstaltungen finden Sie hier.

Analyse von Ausschreibungen. Noch bevor eine konkrete Teilnahme an einer Ausschreibung geplant ist, bietet die Analyse relevanter Vergabeplattformen einen direkten Einblick in die Bedarfe und Anforderungen des öffentlichen Sektors. Die Portale lassen sich gut stichwortbasiert durchsuchen. Noch präziser lässt sich die Suche nach Ausschreibungen durch die Verwendung des passenden CPV-Codes des Produkts gestalten. CPV-Codes sind Teil des gemeinsamen Vokabulars für öffentliche Aufträge (Common Procurement Vocabulary) und werden bei vielen Ausschreibungen angegeben. Dies ermöglicht eine schlanke und effiziente Identifikation relevanter Ausschreibungen. Die Portale werden laufend aktualisiert. Die wichtigsten Portale sind in Tabelle 2 aufgeführt, außerdem enthalten die KOINNO Cheat-Sheets die Links zu den Ländervergabeplattformen.

Kostenlos/öffentlich geführt

Kostenpflichtig/privat geführt

Tabelle 2. Vergabeportale

Die Marktanalyse lässt sich vertiefen, indem aus dem B2B-Marketing bekannte Methoden, wie z.B. die PESTEL-Analyse oder Porter’s Five Forces angewendet werden.

3.3. Vorbereitung – Definierung der Grundsätze einer B2G-Marketing-Strategie: Wertversprechen, Pricing und Kanäle

Eine erfolgreiche B2G-Marketing-Strategie sollte unter anderem ein klares Wertversprechen mit Use Cases, eine nachvollziehbare Preispolitik sowie der Auswahl von Marketingkanälen beinhalten. Diese Punkte werden im Folgenden näher angegangen.

Das Wertversprechen beschreibt auf einer übergeordneten Ebene, welchen zentralen Mehrwert die Lösung für die Herausforderungen des öffentlichen Sektors bietet, z.B. die Sicherstellung von Handlungsfähigkeit trotz Fachkräftemangel. Use Cases hingegen sind konkreter und zeigen praxisnah auf, wie die Lösung in spezifischen Fachverfahren oder Arbeitsschritten angewendet wird, um messbare Verbesserungen wie Zeitersparnis oder Effizienzgewinne zu erzielen.

Schritt 1 – Durchführung von Marktforschung als Grundlage: Das Wertversprechen baut auf den Ergebnissen der Marktforschung und Methoden aus Teil 3.2 auf. Insbesondere durch Sekundärforschung von Fachberichten und Stakeholder-Interviews lassen sich wie oben beschrieben die Bedürfnisse und Probleme des öffentlichen Sektors spezifisch ermitteln – viele Erkenntnisse können hier wiederverwendet werden.

Schritt 2 – Identifikation des Kernbedarfs: Hier geht es darum, aus den Ergebnissen der Marktforschung ein klares Verständnis für die wichtigsten und häufigsten Bedürfnisse der Zielgruppen zu entwickeln. Diese Erkenntnisse werden verdichtet, um „Kernbedarfe“ zu formulieren, die eine solide Grundlage für das Wertversprechen darstellen.

Schritt 3 – Verbindung der Technologie mit dem Kernbedarf: Nun wird die vom Unternehmen angebotene Technologie auf ihre Fähigkeit hin geprüft, die identifizierten Kernbedarfe zu adressieren. Hierbei entsteht ein Policy-Narrativ: Welche Herausforderung des öffentlichen Sektors wird konkret gelöst? Anders als im B2B-Bereich ist dieses Wertversprechen in der Kommunikation weniger an Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. Es geht eher darum, ein Narrativ zu schaffen, dass z.B. eine KI-Lösung die Auswirkungen des Fachkräftemangels abschwächt und damit zur Handlungsfähigkeit des Staates beiträgt.

Schritt 4 – Ausarbeitung von Use Cases: Neben dem übergeordneten Wertversprechen sollten konkrete, praxisbezogene Use Cases ausgearbeitet werden, die spezifische Fachverfahren und Aufgaben im öffentlichen Sektor abdecken. Es geht darum, dass die Anwendung der angebotenen Lösung möglichst nah an der Arbeitsrealität der öffentlichen Verwaltung beschrieben wird. Gespräche mit Verwaltungen bieten hier wertvolle Einblicke, um Pain Points zu verstehen und gezielt abzugleichen, wie die Lösung diese adressiert. Es sollen spezifische Arbeitsschritte identifiziert werden, die mit den technischen Charakteristika der angebotenen Lösung übereinandergelegt werden. Dies ist konkreter als das Wertversprechen: z.B. könnte herausgestellt werden, wie eine Lösung zur Automatisierung von konkreten Prozessen den Arbeitsaufwand reduziert.

Best Practices aus unserem Startup-Netzwerk

Gleichstellung ist politisches Ziel und hat höchste Priorität. Mit der Pflicht zur Barrierefreiheit im Rahmen des Behinderten-Gleichstellungs-Gesetzes (BGG) hat der Gesetzgeber entschieden, dass sämtliche Ämter ihre Texte auch in Leichter Sprache anbieten müssen. Bisher hat der Staat dafür teure Übersetzungsbüros beauftragt, SUMM AI bietet jedoch an, den Prozess einfach und automatisiert in-house in der Verwaltung durch ihr Tool zu erleichtern. Damit kann die Verwaltung ihrer Verpflichtung zum Angebot der leichten Sprache und dem Ziel der Gleichstellung bei gleichzeitiger Aufwandsverringerung nachkommen.

Die Verwaltung sucht nach Anbietern, die über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg Stabilität und Verlässlichkeit gewährleisten können. Dies schafft für Startups und KMU eine Herausforderung, da diese oft kurzfristige Kapitalbedarfe haben und ihre Finanzierung schneller absichern müssen. Startups und KMU sollten deshalb nicht nur den Mehrwert ihrer Lösung, sondern auch ihre Fähigkeit zur nachhaltigen Finanzierung und langfristigen Marktpräsenz verdeutlichen.

Die Darstellung einer soliden Finanzbasis und eines nachhaltigen Geschäftsmodells ist dabei besonders wichtig. Um die Verlässlichkeit zu betonen, sollten insbesondere junge Unternehmen in ihren Kommunikationsmaterialien aussagekräftige Informationen zur eigenen Finanzierung bzw. finanziellen Stabilität präsentieren. Es kann zudem sinnvoll sein, in den Marketingmaterialien einen Hinweis auf zusätzliche Absicherungsmaßnahmen, wie z.B. Escrow-Vereinbarungen, aufzunehmen, um der Verwaltung eine kontinuierliche Verfügbarkeit der Lösung zu garantieren. Viele Ausschreibungen beziehen mittlerweile die Lebenszykluskosten/Life Cycle Costs (LCC) in ihre Bewertung mit ein und zielen damit besonders auf innovative und nachhaltige Angebote. Die Kommunikation dieser Aspekte bietet eine Chance gerade für junge Unternehmen. Darüber hinaus sollte das Preismodell klar und transparent gestaltet sein. Eine übersichtliche Darstellung der Kostenstruktur, einschließlich der Unterscheidung zwischen nutzungsbasierter Lizenzierung und Produktlizenzen, ermöglicht es der Verwaltung, das Angebot leicht einzuordnen und die potenziellen langfristigen Kosten abzuschätzen.

Die Auswahl geeigneter Marketingkanäle im B2G-Bereich sollte systematisch und zielgerichtet getroffen werden. Dabei ist besonders die Langfristigkeit der Beziehungen sowie die Vielfalt der öffentlichen Verwaltung als Zielgruppe wichtig:

Langfristigkeit. Ein wichtiger Grundsatz bei der Auswahl der Marketingkanäle ist die Langfristigkeit. Im B2G-Marketing steht der Aufbau langfristiger Beziehungen über kurzfristigem Return-on-Investment im Vordergrund. Hier geht es darum, über einen längeren Zeitraum Beziehungen und ein verlässliches Markenimage aufzubauen, das das Vertrauen der Verwaltung gewinnt.

Vielfalt. Die Verwaltung ist eine vielfältige Zielgruppe mit Entscheidungsträgerinnen und -trägern auf verschiedenen Ebenen, von Kommunen bis zu Bundesministerien. Die Ansprache muss auf die unterschiedlichen Ebenen und Anforderungen innerhalb des öffentlichen Sektors zugeschnitten sein, um maximale Relevanz und Wirkung zu erzielen. Die Kanalauswahl sollte deshalb für die identifizierten Stakeholder (Abbildung 2) passend zugeschnitten werden.

Entscheidungsmatrix. Bei der Auswahl von Marketingkanälen im B2G-Bereich kann die folgende Matrix als Entscheidungshilfe dienen. Sind zum Beispiel die CDOs von Smart-City Kommunen besonders interessant, sollten Kanäle gewählt werden, die diese Stakeholder ansprechen – hier z.B. LinkedIn und Veranstaltungen. Wird jedoch ein spezielles Produkt angeboten, das sich eher an bestimmte Fachbereiche richtet (z.B. Kommunikations- oder Personalabteilungen), sollten entsprechende Kanäle gewählt werden – hier z.B. Fachzeitschriften oder Blog-Posts. Bei der Gewichtung der Kanäle sind auch Eigenschaften des Unternehmens besonders wichtig, z.B. wie viel Budget und Kapazität für Marketing zur Verfügung stehen. Dafür sind z.B. die Kriterien „Kosten“ und „Automatisierbarkeit“ entscheidend. Klassische B2B-Kriterien wie Return on Marketing Investment des Kanals sind jedoch ausgelassen, da hier der Fokus auf spezielle B2G-Kriterien gelegt wird.

Kanalart

Kanal

Zielgruppe

Kosten

Reichweite

Glaubwürdigkeit

Mögliche Komplexität des Inhalts

Automatisierbarkeit

Digitale Kanäle (Online)

Linkedin (Posting)

CDOs und Innovationsmanager

Kostenlos

Mittel

Niedrig

Mittel

Mittel

Newsletter

Fachbereiche

Kostenlos

Mittel

Mittel

Mittel

Mittel

Blog-Posts

Fachbereiche

Kostenlos

Mittel

Mittel

Mittel

Mittel

Marktplätze (Z.B. KOINNO)

Fachbereiche

Kostenlos

Mittel

Mittel-Hoch

Hoch

Niedrig

Traditionelle Kanäle

Fachzeitschriften

Fachbereiche

Bezahlt

Mittel

Hoch

Hoch

Niedrig

Panels und
Veranstaltungen

CDOs und Innovationsmanager

Kostenlos/
Bezahlt

Klein

Hoch

Hoch

Niedrig

Gezielte Kanäle

Gezielte E-Mails Und Briefe

CDOs und Innovationsmanager / Fachbereiche

Kostenlos

Klein

Hoch

Mittel

Hoch

Bildungsformate (z.B. Webinare)

Fachbereiche

Kostenlos/
Bezahlt

Mittel

Hoch

Hoch

Niedrig

Community-Formate

Fachbereiche

Kostenlos

Klein

Hoch

Mittel-Hoch

Niedrig

Tabelle 3. Entscheidungsmatrix Marketingkanäle

Insider Tipps

KOINNOvationsplatz. KOINNO bietet mit dem KOINNOvationsplatz einen virtuellen Marktplatz, bei dem sich innovative Anbieter registrieren und ihre Lösungen für den öffentlichen Sektor sichtbar platzieren können.

GovTech-Ökosystem. Eigene (Tech-)Lösungen können auf Portalen und durch Veranstaltungsformate des GovTech-Ökosystems („Government Technology“) platziert werden. Das Vernetzen über entsprechende Veranstaltungen, z.B. den Handelsblatt GovTech Gipfel oder die Smart Country Convention, bietet sich ebenfalls an – KOINNO führt hierzu eine Eventliste. Gleichzeitig können GovTech-Treibende wie der GovTech Campus Deutschland oder Possible wertvolle Partner darstellen.

Community-Building. Organisationen der öffentlichen Verwaltungen lassen sich am liebsten von anderen Verwaltungsorganisationen überzeugen, sodass Community-Building sich eignet, um sich als ein verlässlicher Partner des öffentlichen Sektors zu positionieren. So lässt sich sowohl die Bindung mit bestehenden Kundinnen und Kunden stärken als auch das Netzwerk erweitern. Hier bieten sich vor allem niedrigschwellige Formate wie regelmäßige Online-Roundtables und Peer-to-Peer Austauschformate an.

Berufliche soziale Netzwerke. LinkedIn bietet eine Plattform, sich als innovative Akteure in der Branche zu positionieren und Aufmerksamkeit zu generieren. Durch das Kommentieren von relevanten Beiträgen, das Teilen von spezifischen Inhalten und das Posten eigener Erkenntnisse kann Vertrauen aufgebaut werden die Marke gestärkt werden. Besonders effektiv ist es, sich an Diskussionen zu beteiligen, die von öffentlichen Verwaltungen, Verbänden oder Multiplikatoren wie KOINNO angestoßen werden. Regelmäßige, gut durchdachte Beiträge – z. B. Erfolgsgeschichten aus Digitalisierungsprojekten oder Meinungsbeiträge zu aktuellen Themen wie nachhaltiger Beschaffung – positionieren junge Unternehmen als Experten und fördern einen kontinuierlichen Austausch.

3.4. Umsetzung – Entwicklung von Content im B2G-Kontext und Kommunikation zu Bedenken

Die Verwendung einer fachgerechten, präzisen Sprache ist bei der Content-Erarbeitung essenziell. Marketingbotschaften sollten daher spezifische Verwaltungsbedarfe adressieren und auf „Marketing-Sprech“ verzichten. Die Sprache sollte leicht verständlich sein und den Nutzen für die Verwaltung herausarbeiten, ohne dabei zu technisch zu werden. Außerdem sollte auf keinen Fall „Verwaltungsbashing“ betrieben werden. Eine erfolgreiche Content-Erarbeitung besteht nicht darin, sich über die schleppende Verwaltungsdigitalisierung zu beklagen, sondern darin, ein grundlegendes Verständnis für Verwaltungsprozesse und -dynamiken zu entwickeln und auf dieser Basis lösungsorientiert zu kommunizieren.

Zur Anpassung der Inhalte an die Herausforderungen des öffentlichen Sektors bietet sich z.B. ein Policy-Narrativ Pitch-Deck (siehe Teil 3.3.1) speziell für B2G-Pitches an. Diese unterscheiden sich, entlang der in diesem Guide aufbereiteten Prinzipien von klassischen Pitches für Investorinnen und Investoren oder B2B-Pitches, indem sie die angebotenen Lösungen als Antworten auf die spezifischen Herausforderungen des öffentlichen Sektors formulieren. Das Vertrauen in das Unternehmen lässt sich auch durch konkrete Nachweise und Erfahrungsberichte stärken. Inhalte sollten Testimonials, Case Studies und Compliance-Nachweise (z.B. ISO-Zertifizierungen) enthalten, um die von der Verwaltung wahrgenommenen Risiken zu reduzieren. Kommunikation zu Referenzen (in Absprache mit dem Kunden) wie „Der Landkreis X konnte Y Millionen Euro einsparen und Z Arbeitsstunden reduzieren mit der Verwendung unserer Lösung“ wird als sehr überzeugend wahrgenomme

Sofern Kundinnen und Kunden es erlauben, bietet sich außerdem die sichtbare Platzierung der Kundenlogos in Marketingmaterialien an – die Transparenz des öffentlichen Sektors ist hier von Vorteil. Diese Platzierung hat Vorteile nicht nur für das Unternehmen: wenn sich öffentliche Verwaltungen durch die Nutzung innovativer Lösungen als Pionierinnen und Pioniere positionieren wollen, profitieren sie auch von einer prominenten Platzierung in Verbindung mit der Lösung.

Best Practices aus unserem Startup-Netzwerk

Die strategische und sichtbare Verwendung von Referenzen beim eigenen Online-Auftritt ist essenziell. HEIDI (Heimat Digital) verwendet beispielsweise sehr prominent Demo-Angebote und die Logos der Gemeinden, mit denen sie zusammenarbeitet.

Beim Thought Leadership sollte durch die Bereitstellung wissensbasierter und bildender Inhalte wie Whitepapers, Webinare und Berichte das Verständnis für Trends und Best Practices im öffentlichen Sektor demonstriert werden. Bildende Inhalte unterstützen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen und schaffen eine langfristige Bindung.

Best Practices aus unserem Startup-Netzwerk

Die Erstellung von bildendem Content als Thought Leadership im eigenen Blog ist empfehlenswert. Locaboo verfügt über Blogbeiträge zu allgemeinen Trends in Verwaltungsdigitalisierung, OZG, aber auch konkrete Guides für Verwaltungsmitarbeitende.

Ein transparentes und gezieltes Risikomanagement ist entscheidend, um im B2G-Marketing erfolgreich zu sein. Öffentliche Akteure legen hohen Wert unter anderem auf Datensicherheit, Datenschutz und Datenhoheit (Teil 2.2). Eine vertrauenserweckende Kommunikation, die mögliche Risiken offen anspricht und Strategien zur Risikominderung bietet, stärkt die Glaubwürdigkeit.

Risikokommunikation. Bei der Kommunikation zu Bedenken und Risiken empfiehlt sich ein klarer Kommunikationsansatz, der deutlich die Fakten in verwaltungsgerechter Sprache darlegt. Dies umfasst vor allem die Klassifizierung und Positionierung der Produkte nach rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Erklärung zur DSGVO-Konformität, um die Anforderungen des öffentlichen Sektors transparent zu erfüllen. Beispielhaft kann dazu wie folgt kommuniziert werden:

„Unsere Lösung erfüllt die Anforderungen des BSI IT-Grundschutzes und bietet zudem individuelle Anpassungsmöglichkeiten.“

Best Practices aus unserem Startup-Netzwerk

Das proaktive Kommunizieren muss nicht allzu kompliziert sein. Z.B. Viind kommuniziert überzeugend, wie sie die Anforderungen des öffentlichen Sektors an Lösungen erfüllen. Sie präsentieren sich auf ihrer Website wie folgt: „Chatbots via Webchat oder Social Media & Co. Erreicht eure Zielgruppe genau dort, wo sie sich bereits aufhält – mit der DSGVO-konformen Software made und hosted in Germany.“

Informationen offen bereitstellen. Grundsätzlich ist es wichtig, klare und gezielte Informationen zu Themen wie Preisgestaltung, Lizenzmodellen, Hosting-Optionen (z.B. On-Premises vs. Cloud), Open Source und Rechtskonformität bereitzustellen, welche oft auch innerhalb der Verwaltung zirkuliert werden. Hier bietet sich ein One-Pager mit den technischen Details an, der ergänzend zu den leicht verständlichen Marketingmaterialien zur Verfügung gestellt wird. Dieser One-Pager kann dann an die IT-Expertinnen und Experten in der Verwaltung weitergereicht werden. Dies sollte DSGVO-Konformität, Datensouveränität sowie weitere in Gesprächen identifizierte branchenspezifische Themen umfassen. Diese Transparenz zeigt, dass das Angebot passgenau auf die besonderen rechtlichen und operativen Bedürfnisse des öffentlichen Sektors eingeht.

Best Practices aus unserem Startup-Netzwerk

Unternehmen sollten ein Whitepaper bereitstellen, das die Herausforderungen im öffentlichen Sektor anerkennt und unter Rücksicht auf Regulatorik die Lösung präsentiert. Edgeless Systems bietet hierzu ein Whitepaper zu Confidential Computing für den öffentlichen Sektoranund stellt dadurch überzeugende Materialien bereit, die potenzielle Kundinnen und Kunden intern an relevante Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger weitergeben können.

3.5. Evaluation und nächste Schritte– Erfolgsmessung, kontinuierliche Verbesserung und Empfehlungen

Ähnlich wie im B2B-Marketing sollten auch im B2G-Marketing Metriken zur Messung des Erfolgs erhoben werden. Hierbei eignen sich konventionelle Metriken für die generelle Evaluation des Marketings, wie z.B. Customer Acquisition Cost, Return on Marketing Investment, sowie Metriken zur Evaluation der eigenen Website, wie z.B. Traffic, Bounce Rate, Conversion Rate oder Traffic-to-Lead-Ratio. Zusätzlich zu den quantitativen Metriken empfiehlt sich im B2G-Marketing die Erhebung indirekter und langfristiger Kennzahlen, welche auf die Bekanntheit in der Verwaltung einzahlen. Dies lässt sich nur schwierig messen, jedoch kann man sich über indirekte Metriken annähern. Es empfiehlt sich deshalb, zu erfassen, wie oft das Unternehmen öffentlichkeitswirksam in Verwaltungskreisen erwähnt wird, z.B. auf LinkedIn, wie Neukundinnen und -kunden vom Unternehmen erfahren haben und wie viele Leads pro Veranstaltung generiert werden. Außerdem sollte in Gesprächen mit der Verwaltung kontinuierlich erkundet werden, wie die Kommunikationsinhalte des Unternehmens ankommen. Dadurch lässt sich ein Gesamteindruck gewinnen, wie das Marketing bei der öffentlichen Verwaltung angenommen wird.

Einerseits ist der öffentliche Sektor von prozessualer und rechtlicher Stabilität geprägt. Andererseits verändern sich stetig seine Bedürfnisse und politische Prioritäten und damit verbunden stellen sich neue technologische Herausforderungen. Deshalb ist es essenziell, dass stetig auf Basis der Metriken und Gesprächen mit Stakeholdern der Verwaltung überprüft wird, inwiefern die Kommunikationspolitik des Unternehmens noch die relevanten Themen und Anforderungen abdeckt und anspricht. Besonders wichtig ist hierfür das langfristige Beziehungsmanagement mit der Verwaltung, um einen regen Austausch und ein Vertrauensverhältnis zwischen Kundinnen und Kunden sowie dem Unternehmen sicherzustellen.

Autoren und Kontakt

Fabian Dreifert, Possible Digital GmbH
Nadezhda Filina, Possible Digital GmbH
Stéphane Hoffmann, Possible Digital GmbH

Wenn Sie Fragen oder Anmerkungen zum Marketing-Guide haben, schreiben Sie gerne eine Nachricht an nadezhda.filina(at)possible-digital.de.