Einführung in B2G-Marketing Der Marketing Guide: Teil 1

Inhalt

1. Einführung - Was ist Business-to-Government (B2G)-Marketing und warum ist es wichtig für Startups und innovative KMU?


1.1. Zielsetzung und Umfang

Ziel dieses Guides ist es, innovative Unternehmen und ihre Führungsteams bei der Entwicklung und Umsetzung wirksamer Marketingstrategien für den öffentlichen Sektor zu unterstützen. Besonders wichtig ist dabei ein Verständnis für die Natur des öffentlichen Sektors, seine spezifischen Herausforderungen und Entscheidungsfindungsprozesse. Der Fokus des Guides liegt auf Business-to-Government (B2G) Marketingstrategien, die speziell auf den deutschen Markt zugeschnitten sind. B2G-Verkaufsprozesse (Vertrieb) und Medienarbeit sind nicht Teil des Guides.Medienarbeit und PR sind zwar ein gutes Instrument für Marketing im öffentlichen Sektor, aber der Guide priorisiert die Entwicklung einer Marketingstrategie, die Erarbeitung von Content und die Anleitung zu Thought Leadership. Damit richtet sich der Guide primär an Startup-Gründerinnen und -Gründer, Heads of (B2G)-Marketing und -Communications sowie Fachleute aus anderen Bereichen, die im öffentlichen Sektor tätig sind oder diesen als Zielmarkt anvisieren.

1.2. Relevanz von B2G-Marketing

Der öffentliche Sektor bietet ein sehr großes Marktpotenzial für innovative Unternehmen und Startups und stellt als Kunde eine wertvolle Referenz für zukünftiges Wachstum dar. Jährlich geben die öffentlichen Verwaltungen in Europa 2,75 Billionen Euro für Waren oder Dienstleistungen aus (Quelle: eGovernment). Effektives B2G-Marketing ist entscheidend, um den öffentlichen Sektor als Kunden zu gewinnen und zu halten. Denn häufig ist es gutes Marketing, das bei potenziellen Kundinnen und Kunden Bewusstsein für das eigene Unternehmen und dessen Angebot schafft. Eine gut ausgerichtete Marketing-Strategie, die den Bedürfnissen der potenziellen Kundinnen und Kunden entspricht und die Besonderheiten des öffentlichen Sektors berücksichtigt, bereitet den Weg zu erfolgreichem B2G-Vertrieb.

Insbesondere bei jungen Unternehmen ist der schnelle Abschluss von Verträgen wichtig, weshalb oft der Vertrieb priorisiert wird. Wichtig ist Marketing dennoch und dient zunächst dem Ziel, Bewusstsein für die Marke zu etablieren und ihre Bekanntheit zu fördern. Dabei werden auch Leads generiert; jedoch ist Marketing indirekter als Vertrieb und im B2G-Bereich besonders langfristig ausgerichtet.

1.3. Konzepte und Definitionen im B2G-Marketing-Kontext

Besonderheiten von Marketing im B2G-Markt

Der öffentliche Sektor weist einige strukturelle Besonderheiten auf, die bei der Gestaltung der Marketingaktivitäten berücksichtigt werden müssen. In diesem Guide wird Marketing in fünf Dimensionen betrachtet, die jeweils spezifische Besonderheiten im B2G-Markt aufweisen.

  • Marktanalyse. Um das Marktumfeld, Wettbewerber und Kundengruppen zu verstehen, ist im B2G-Bereich ein fundiertes Verständnis der öffentlichen Verwaltung und ihrer Entscheidungsprozesse essenziell.
  • Marketingstrategie. Um die richtigen Marktsegmente und Zielgruppen durch eine überzeugende Positionierung erreichen zu können, sollte eine Strategie entwickelt werden, die an die Bedürfnisse der öffentlichen Verwaltung angepasst ist.
  • Kommunikationspolitik. Um Bekanntheit und Vertrauen durch Kommunikation aufzubauen, sollte im B2G-Markt der Fokus auf den Aufbau von Glaubwürdigkeit und Referenzen liegen
  • Preisgestaltung. Um Preise festzulegen und zu kommunizieren, sollten B2G-Marketers ein Gespür für die längeren Lebenszyklen in der öffentlichen Verwaltung entwickeln. Den Kundinnen und Kunden ist es besonders wichtig, dass Lösungen über einen langen Zeitraum zur Verfügung stehen.
  • Distributionspolitik. Um Kanäle zur Bereitstellung von Produkten zu ermitteln, sollte im B2G-Markt beachtet werden, dass der öffentliche Sektor oft dezentral agiert und Lösungen nicht ohne Weiteres von anderen Verwaltungseinheiten übernommen werden können.

1.4. Bezug zum Beschaffungsprozess

Marketing setzt primär vor dem Vertrieb an und stößt mögliche Vertriebsprozesse an. Grundsätzlich funktioniert B2G-Marketing unabhängig vom Beschaffungsprozess und richtet sich an Fachabteilungen, Entscheidungsträgerinnen und -träger sowie an Innovationstreibende (z.B. Innovationsmanagerinnen und -manager oder CDOs). Marketing soll ein Problembewusstsein schärfen und eine Verbindung mit der angebotenen Lösung in der Zielorganisation schaffen. Hierbei ist das Ziel, dass die für die Lösung relevanten Verwaltungseinheiten, Fachbereiche und Personen vom Unternehmen und seiner Lösung erfahren. Die Adressierten sind nicht die Beschaffungs- oder Vergabestellen, sondern die Fachabteilungen und Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, die mit dem erkannten Bedarf die Beschaffungsprozesse erst einleiten.

Bereits vor dem Beschaffungsprozess sollte dementsprechend die Zielgruppe und ihre Bedarfe identifiziert und angesprochen werden. Eine Anleitung zur Identifikation von Stakeholder befindet sich in Teil 3.1. Zentral für die Art der Kommunikation ist die Konzentration auf die wichtigsten Themen, mit denen sich die jeweilige Fachabteilung auseinandersetzt. Eine Anleitung zur Identifikation dieser Themen befindet sich in Teil 3.2. Die Themen werden dann im Marketing mit der eigenen Lösung verbunden, z.B. mithilfe von Veröffentlichungen („Thought Leadership“). Hierdurch werden die Expertise und die Relevanz des eigenen Unternehmens hervorgehoben.

Eine detaillierte Übersicht der für Startups und innovative Unternehmen relevanten Aspekte des Beschaffungsprozesses findet sich im „Playbook: Beschaffung für Startups und innovative KMU“. Dort werden Startups die Grundlagen öffentlicher Beschaffung nähergebracht – inklusive Basics zu Vergabeverfahren, Stakeholder und Strategien für produktives sowie reaktives Business Development im öffentlichen Sektor.

 

Insider-Tipp

Wie im Playbook und im Leitfaden Markterkundung in der öffentlichen Beschaffung beschrieben, müssen sich Beschaffende einen Überblick über die Breite des Angebots verschaffen („reaktive Markterkundung“). Dafür führen die jeweilige Fachabteilung als Bedarfsstelle und die Beschaffungsstelle (bei IT-Lösungen die IT-Abteilung) gemeinsam eine strukturierte Markterkundung zur Konkretisierung des erkannten Bedarfs durch. Dabei wird aktiv nach Lösungen gesucht für den bedarfsspezifischen Einkauf und Kriterien für die Vergabe definiert. Diese Kriterien orientieren sich teils an den verfügbaren Produkten, sodass hier vor allem technische Aspekte des Produkts im Vordergrund der Kommunikation stehen.